Özdemir: Berliner Politik spielt AfD in die Hände

Cem Özdemir, der grüne Spitzenkandidat aus Baden-Württemberg, rüttelt mit scharfer Kritik an Rentenplänen und Wirtschaftspolitik das politische Berlin wach.

heute 11:07 Uhr | 16 mal gelesen

Cem Özdemir hält sich nicht zurück: In einem Gespräch mit der FAZ-Redaktion zieht der erfahrene Grüne ein schonungsloses Fazit. Seiner Meinung nach braucht Deutschland eine pragmatische Agenda – und zwar ‚so etwas wie eine neue Agenda 2010‘. Besonders mit Blick auf die Rente sieht er Reformbedarf. Er plädiert dafür, das Konzept ‚Rente mit 63‘ auslaufen zu lassen. Die aktuelle Gesetzgebung – genauer: die Verbindung aus abschlagfreiem Renteneinstieg nach 45 Beitragsjahren und die so genannte Aktivrente – hält Özdemir für widersinnig. Er fordert, das Renteneintrittsalter an die reale Entwicklung der Lebenserwartung zu koppeln. Was er zur Klimapolitik sagt, überrascht kaum: Özdemir steht zur EU-Regel, ab 2035 keine neuen Verbrenner zuzulassen, pocht aber auf das Festhalten an Hybridfahrzeugen in der Übergangszeit. 'Elektromobilität braucht Zeit – und, nicht minder wichtig, Ladesäulen!' Seine Worte zur aktuellen Bundespolitik sind wenig schmeichelhaft. Özdemir meint, manche Maßnahmen wirkten beinahe wie ein Förderprogramm für die AfD. Persönlich zieht er einen Strich unter die große Politik: Nach zehn Jahren an der Spitze der Grünen sieht er sich nicht mehr als Bundesvorsitzenden.

Özdemir fordert eine wirtschaftspolitische Neubesinnung in Deutschland und mahnt konkrete Rentenreformen an, darunter die Abschaffung der Rente mit 63 und eine flexible Anpassung des Rentenalters an die Lebenserwartung. Seine Klimastrategie gießt Wasser in den Wein ideologischer Debatten: Er spricht sich für eine schrittweise Umstellung auf Elektromobilität mit Brückenlösungen durch Hybridfahrzeuge aus, solange die Ladeinfrastruktur noch nicht flächendeckend funktioniert. Özdemirs Kritik an der schwarz-roten Politik im Bund ist scharf, sie verhindere mutige Reformen und fördere stattdessen das Erstarken rechter Kräfte. Nach ergänzender Recherche: In den letzten 48 Stunden schlagen ähnliche Artikel in die gleiche Kerbe: Mehrere Medien berichten verstärkt über die angespannte Stimmung unter den Grünen, vor allem im Hinblick auf Renten-, Klima- und Wirtschaftsreformen. Ebenso werden die enttäuschten Erwartungen an Berlin und die Herausforderungen im Umgang mit der AfD thematisiert – nicht zuletzt in der Folge aktueller Wahlerfolge der Rechtspopulisten sowie angesichts wachsender Skepsis gegenüber den Klimazielen. Zugleich loben einzelne Stimmen Özdemir für seine eigenwilligen, vergleichsweise pragmatischen Ideen, sehen aber die Umsetzungschancen kritisch.

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