Ischinger formuliert es ziemlich deutlich: "Aus einer Mücke ist ein Elefant geworden." In seinen Augen wird der Hickhack um Aussagen von Außenminister Johann Wadephul (CDU) zu Syrien-Rückführungen durch Überinterpretation befeuert – weniger durch echte Meinungsverschiedenheiten. "Oft“, so Ischinger, „geht es gar nicht um strategische Gegensätze, sondern um falsch verstandene Äußerungen." Das mediale Echo und die teils schrillen Reaktionen verortet er als Nebenprodukt einer allgegenwärtigen Aufregungskultur. Die eigentliche Außenpolitik leide darunter, werde quasi in den Hintergrund gedrängt. Schade, meint er, denn es gäbe weitaus wichtigere Baustellen für die deutsche Außenpolitik. Er erinnert daran, dass Differenzen innerhalb einer Regierung keineswegs neu sind. Früher, so seine Erfahrung, klärte man diese Debatten im Verborgenen, fernab des medialen Rampenlichts. Heutzutage jedoch werden so gut wie alle Konflikte nach außen getragen – mit der Folge, dass politische Akteure schnell zur Zielscheibe verspottender Kommentare werden. Auch auf die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates unter Friedrich Merz geht Ischinger ein und sieht darin zwar ein sinnvolles Werkzeug, zugleich aber mahnt er zur Gelassenheit. Noch stecke das Gremium in seinen Kinderschuhen und könne ohnehin nicht jeden Dissens verhindern – aber immerhin moderieren.
Ischinger zeigt sich genervt von der Aufbauschung der Syrien-Abschiebungsdebatte und hält viele öffentliche Konflikte für künstlich verstärkt, insbesondere in Zeiten schneller Empörung. Er verweist darauf, dass Differenzen auch früher zum politischen Alltag gehörten, sie damals aber diskreter gelöst wurden. Er begrüßt Bemühungen um mehr sicherheitspolitische Koordination, wie etwa durch den neu gegründeten Nationalen Sicherheitsrat, warnt jedoch vor überzogenen Erwartungen.
Ergänzende Internet-Recherche hat ergeben, dass aktuell kaum belastbare Fortschritte bei den diplomatischen Beziehungen zu Syrien existieren, sodass Rückführungen weiterhin hochumstritten bleiben. Zudem betonen zahlreiche Medien, dass sich die Sicherheitslage in Syrien nicht verbessert habe – laut UN und Menschenrechtsorganisationen bestehe weiterhin Lebensgefahr für Rückkehrende. Während Teile der CDU auf eine Verschärfung der Abschieberegelungen drängen, warnen Experten vor Schnellschüssen und mahnen zu internationaler Abstimmung. Die Debatte wird zudem von aktuellen politischen Auseinandersetzungen im Bundestag befeuert, bei denen Innen- und Außenpolitik häufig aneinandergeraten. Insgesamt scheint das Thema Teil eines größeren Richtungsstreits über Deutschlands Rolle in internationalen Krisen zu sein.