Berlin macht Druck auf Tiflis: Erwartungen an Georgiens Regierung verschärft

Im anhaltenden diplomatischen Tauziehen zwischen Deutschland und Georgien legt Berlin Tiflis die Karten auf den Tisch – und verlangt ein Ende persönlicher Attacken auf den deutschen Botschafter.

heute 18:27 Uhr | 22 mal gelesen

Der Ton wird rauer: "Ab jetzt zählen nicht mehr nur Ankündigungen, sondern was tatsächlich geschieht – und insbesondere, ob die Diffamierungen gegen unseren Botschafter eingestellt werden", erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Freitag gegenüber der dts Nachrichtenagentur. Die Botschaft ist deutlich, und sie kommt nicht zufällig jetzt. "Daraus ziehen wir unsere Rückschlüsse und passen unser Handeln an", so die nüchterne Ankündigung weiter. Dass Peter Fischer, Deutschlands oberster Diplomat in Tiflis, zwischenzeitlich nach Berlin beordert wurde, versteht die Bundesregierung explizit als Mahnung ans georgische Machtzentrum. Weitere Details aus vertraulichen Gesprächen zwischen Berlin und der georgischen Regierung werden jedoch unter Verschluss gehalten. Fischer ist nun wieder in Tiflis, nachdem er monatelang Zielscheibe öffentlicher Kritik war – offenbar, weil er sich wiederholt offen zur politischen Entwicklung und insbesondere zur Linie der amtierenden Regierungspartei äußerte. Zuletzt stand sogar seine Ausweisung durch Stimmen der prorussisch geprägten Regierungspartei "Georgischer Traum" im Raum; hinzu kamen in den Medien aufgegriffene Vorwürfe bezüglich angeblicher Steuervergehen – vieles davon wirkt auf seltsame Weise wie aus dem Drehbuch einer aufgeheizten politischen Inszenierung.

Deutschland und Georgien stecken mitten in einer delikaten diplomatischen Krise, die zunehmend auch Symbolwert für den Umgang Europas mit autoritärerem Regierungshandeln an der EU-Grenze bekommt. Während die Bundesregierung darauf pocht, dass der georgische Botschafter künftig keine persönlichen Angriffe mehr erleben dürfe, sieht sich Berlin zudem mit den Spannungen rund um das umstrittene 'Agenten-Gesetz' in Georgien konfrontiert, das von vielen westlichen Staaten kritisiert wird und Anlass zu Massenprotesten im Land gibt. Inzwischen berichten zahlreiche internationale Medien, dass die Proteste gegen das „russlandnahe“ Gesetz anhalten und Europa die Entwicklung in dem Land mit wachsender Nervosität verfolgt – einige Beobachter befürchten, dass sich Georgien damit weiter von seinen angestrebten EU-Reformen entfernt. Das Europäische Parlament hat sich jüngst kritisch geäußert und wirtschaftliche und politische Konsequenzen in Aussicht gestellt, wenn die Regierung in Tiflis nicht rasch den Kurs ändert. Auch große deutsche Zeitungen verweisen mittlerweile auf eine Verschlechterung des politischen Klimas und warnen davor, die deutsch-georgischen Beziehungen endgültig aufs Spiel zu setzen.

Schlagwort aus diesem Artikel