Pharmaindustrie warnt: Europas Medikamentenversorgung hängt am Tropf Asiens

EuroAPI schlägt Alarm: Die überwältigende Mehrheit der Wirkstoffe für Europas Medikamente kommt aus China und Indien – mit gefährlichen Folgen.

03.11.25 16:23 Uhr | 30 mal gelesen

"Es ist fünf vor zwölf für Europas Arzneimittelproduktion – wir können nicht ewig so weitermachen," meinte David Seignolle, Chef von EuroAPI, im Gespräch mit dem Handelsblatt. Rund 80 Prozent der verwendeten Wirkstoffe in europäischen Arzneien werden mittlerweile aus China und Indien importiert – eine Entwicklung, die still, aber stetig Fahrt aufgenommen hat. Seignolle gesteht offen: "Unsere eigenen Wirkstoffe sind für viele Hersteller in der EU zu kostspielig." Auch EuroAPI bleibt, etwas ironisch, auf Vorprodukte aus Asien angewiesen – selbst in Frankfurt liegt die Quote immerhin noch bei der Hälfte. Seignolle fordert deshalb konkrete Schritte: Mehr Investitionen, staatliche Unterstützung und vielleicht auch harte Einschnitte, um wieder mehr Eigenproduktion in Europa zu ermöglichen. Die Abhängigkeit sei längst nicht nur eine Frage von Wirtschaft oder Preiskampf; auch EU-Gesundheitskommissar Oliver Varhelyi mahnt, es gehe zugleich um geopolitische Sicherheit. Wer sich zu einseitig von asiatischen Lieferungen abhängig macht, sitzt bei globalen Krisen oder Handelskonflikten am kürzeren Hebel – so die warnenden Stimmen, die jetzt lauter werden.

Die Warnungen vor einer gefährlichen Abhängigkeit der europäischen Arzneimittelproduktion von China und Indien nehmen deutlich zu. EuroAPI und andere Akteure der Branche erinnern daran, wie dünn das sprichwörtliche Eis ist, auf dem Europas Arzneimittelversorgung derzeit steht – etwa bei Lieferschwierigkeiten, politischen Spannungen oder im Fall plötzlicher Exportstopps, wie sie im Zuge der Covid-19-Pandemie mehrfach vorkamen. Neuere EU-Initiativen setzen daher auf strategische Vorräte, gezielte Subventionen für europäische Produzenten sowie ein deutlich schärferes Monitoring von Risiken in internationalen Lieferketten. Die Problematik zeigt sich auch beim jüngsten Ampel-Streit um das geplante Medizinforschungsgesetz, das mehr Innovationskraft und Produktion zurück nach Deutschland holen, aber gleichzeitig auch die Wettbewerbsfähigkeit wahren soll. Zugleich drängen Gesundheitsverbände und Teile der Bevölkerung auf mehr Transparenz über die Herkunft der Medikamente und auf ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis. Viele Politiker sehen europäische Eigenständigkeit im Pharmabereich inzwischen nicht nur als Wirtschaftsfaktor, sondern als Teil der Daseinsvorsorge und als Garant für Versorgungssicherheit.

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