Privatabrechnung auf dem Vormarsch: Wie Arztpraxen ihre Einnahmen umschichten

Im Jahr 2023 sank der Anteil der Kassenabrechnung in deutschen Arztpraxen auf einen neuen Tiefstand – Privatliquidationen gewinnen an Bedeutung.

heute 08:13 Uhr | 15 mal gelesen

Das Statistische Bundesamt warf am Donnerstag einen ziemlich nüchternen, aber dennoch aufschlussreichen Blick auf die Veränderungen in deutschen Arztpraxen: Ärzte hierzulande verdienen zunehmend an Privatpatientinnen und -patienten, die Honorare aus Kassenabrechnung schwinden hingegen dahin – ein Trend, der sich bereits in den letzten Jahren abgezeichnet hat, doch 2023 besonders auffällig wurde. Durchschnittlich machten die Kassenabrechnungen nur noch 67 % der Praxiseinnahmen aus, so wenig wie nie zuvor seit der gesamtdeutschen Erhebung ab dem Jahr 2000. Ein kleiner Sprung zurück: Noch 2022 waren es immerhin 71,1 %, 2021 gar 71,7 %. Fast ein Drittel der Einnahmen stammte 2023 aus Privatabrechnung – exakt 28 %. Hinzu kommt: Rund 5 % der Umsätze kamen aus anderen ärztlichen Tätigkeiten, etwa Gutachten oder speziellen Betriebsarzt-Angeboten – ein alter Hut, könnte man meinen, aber durchaus nennenswert. Warum der Wandel? Ein Auslöser dürfte der Anstieg reiner Privatpraxen sein. 6,5 % der Ärztinnen-Praxen nahmen 2023 kein Geld von gesetzlichen Kassen ein, ein Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren. Spannend ist, dass diese Entwicklung quer durch die Fachrichtungen ziemlich unterschiedlich abläuft. Hautärzte, Orthopäden, Chirurgen und Urologen kassieren deutlich mehr privat – mit Anteilen teils jenseits der 45 % –, während Allgemeinmediziner, Neurologen oder Kinderärzte fast alles über die Kasse abrechnen. Bei Zahnärzten liegt das Verhältnis mittlerweile etwa bei halbe-halbe – auch hier rutscht der Kassenanteil immer weiter nach unten, während Privatleistungen wachsen. Psychotherapeutische Praxen bilden die Ausnahme: Mit einem Kassenanteil von 88,7 % schwimmen sie fast gegen den Strom, obwohl selbst dort die Privatonorare einen Mini-Anstieg verzeichneten. Übrigens – manches Detail bleibt unscharf, da jedes Praxismodell irgendwo seinen eigenen Umsatz-Flickenteppich webt.

Der Trend hin zu mehr Privatabrechnung in deutschen Arztpraxen hält unvermindert an, wie das Statistische Bundesamt eindrücklich zeigt: 2023 sackte der Anteil der Kassenabrechnung auf einen historischen Tiefststand. Hauptsächlich ist das dem Zuwachs an reinen Privatpraxen zuzuschreiben, aber auch innerhalb klassischer Mischpraxen machen Privatleistungen ein immer dickeres Stück vom Kuchen aus. Besonders ausgeprägt ist dieser Wandel in Fachgebieten wie Dermatologie, Orthopädie und Chirurgie, während Hausärzte und Psychotherapeuten noch fest im Kassensystem verankert sind. Ergänzend zur Originalmeldung finden sich aktuell zahlreiche Diskussionen im Netz über die Folgen dieses Trends: Kritisiert werden unter anderem wachsende soziale Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung, schnellere oder bessere Behandlungsmöglichkeiten für Privatpatienten und ein potenzieller Rückzug von Ärzten aus der Fläche, da Privatliquidation vor allem in Städten lukrativ ist. Immer lauter werden Stimmen, die eine Reform der dualen Finanzierung fordern, damit das Kassensystem nicht weiter ausgedünnt wird – die politische Debatte gewinnt derzeit merklich an Fahrt.

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