Reportage über Hamburger Kokainhandel: MDR gewinnt Bremer Fernseh- und Digitalpreis

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) hat mit einer aufsehenerregenden Dokumentation zum Kokainhandel im Hamburger Hafen den Bremer Fernseh- und Digitalpreis erhalten. Die Auszeichnung für investigative Recherche ging an Frederik Fleigs Beitrag im Rahmen des ‚Y-Kollektivs‘. Die Verleihung des Preises fand am 7. November in Bremen statt.

07.11.25 23:22 Uhr | 27 mal gelesen

Wenn es um journalistische Preise geht, wird gewöhnlich viel von Qualität gesprochen – doch selten kommt ein Thema daher, das gleichermaßen brisant und in seiner Alltäglichkeit erschreckend ist: Frederik Fleig und das Y-Kollektiv haben mit der Reportage „Kokainjagd im Hafen – Hamburgs Kampf gegen die Kartelle“ genau diesen Nerv getroffen. Christina Herßebroick, die für Gesellschaftsthemen beim MDR verantwortlich ist, hebt besonders hervor, wie es dem Team gelang, die weitgehend verborgene Welt der Drogenkartelle filmisch einzufangen. Anders als viele Reportagen, die eher an der Oberfläche kratzen, wird hier tief im Hafen gegraben – im wahrsten Wortsinn. Die Zahlen sind beeindruckend und entmutigend zugleich: Obwohl der größte Fund 35,5 Tonnen Kokain umfasste, gehen Experten davon aus, dass der Großteil unerkannt durchrutscht. Hamburg will dem Schlepper- und Schmuggleralltag jetzt mit einem neuen Sicherheitsbündnis entgegentreten. Fleigs Reportage verfolgt akribisch, wer dabei die Fäden in der Hand hält, welche Rolle z.B. Zolleinheiten spielen, und was das alles für die Stadt bedeutet. Was mir dabei auffällt: Diese dichte Recherche könnte demnächst fast schon literarische Qualität erreichen – das Thema ist stofflich genug.

Der MDR erhielt für die Reportage „Kokainjagd im Hafen“ die Auszeichnung für investigative Exzellenz; dabei liefert die Doku seltene Einblicke in den millionenschweren Kokainhandel und das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Schmugglern und Ermittlern. Interessant ist, dass der Bremer Fernseh- und Digitalpreis seit Jahrzehnten als ein Indikator für relevante, regionale journalistische Arbeit gilt und nicht selten Produktionen prämiert, die gesamtgesellschaftlich Wirkung entfalten. Ganz neu ist das Problem, um das es in der Doku geht, übrigens nicht – der Kokainhandel via Seeweg boomt europaweit und die Technik der Kriminellen wird immer ausgefeilter; viele Experten warnen, dass unsere bestehenden Systeme dem kaum noch gewachsen sind. Was viele Medien zusätzlich thematisieren: Die seit 2023 bestehenden Bündnisse ‚Sicherer Hafen Hamburg‘ und polizeiliche Sondereinheiten sind zwar aktiv, stoßen aber an ihre Grenzen; nur ein Bruchteil der illegalen Importe wird entdeckt. Dazu kommt: Die hohe Nachfrage und die lukrativen Gewinnspannen bei Kokain machen die maritime Einfuhr attraktiv wie nie, und jedes neue Sicherheitskonzept ist bereits bei seiner Einführung ein Wettlauf gegen immer raffinierter agierende Kartelle.

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