Ich muss zugeben, die Empörung überrascht mich kaum: Friedrich Merz steht nach seinem Ankara-Besuch tatsächlich ziemlich im Kreuzfeuer, vor allem von Seiten der SPD und Grünen. Serdar Yüksel, SPD-Abgeordneter und Chef der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe, wirft Merz vor, allzu wortkarg geblieben zu sein – kein Statement zu Pressefreiheit, kein Einsatz für inhaftierte politische Gegner wie etwa Ekrem Imamoglu. Das bleibt, so Yüksel, ein fatales Zeichen, zumal Europapolitik ja nicht nur Wirtschaft oder Sicherheit meint, sondern eben auch grundlegende Werte.
Max Lucks von den Grünen legt noch einen drauf. Er unterstellt Merz, sich entweder ganz der unbequemen Wirklichkeit in der Türkei zu verschließen oder ganz bewusst – O-Ton – "mit Maulkorb" aufzutreten. Die leiseste Erwähnung der harten Repressionen, etwa gegen den seit 2016 inhaftierten Kurdenpolitiker Demirtas? Fehlanzeige. Reaktionen von unabhängigen Beobachtern: Durchwachsen. Während Merz vor der Presse von Fortschritten in Sachen EU-Beitrittsperspektive schwärmte, setzte er angeblich hinter verschlossenen Türen auf „vertrauliche Ansprache“ bei Justizfragen – was von den Kritikern klar als unzureichend angesehen wird. Ich frage mich dabei: Was wiegt schwerer? Diplomatie oder Deutlichkeit?
Die Frage bleibt, welchen Kurs Deutschland in der Beziehung mit diesem schwierigen Partner einschlagen will. Klar ist jedenfalls: Die Erwartungen an glaubhafte Menschenrechtspositionen steigen. Nicht nur im Bundestag. 
Im Zentrum eines aktuellen politischen Streits steht Friedrich Merz, der bei seinem Besuch beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan von SPD- und Grünen-Politikern massiv kritisiert wird. Besonders wird bemängelt, dass Merz zentrale Probleme wie politische Repression, Pressfreiheit und die Situation Oppositionspolitiker kaum oder gar nicht thematisierte. Im Lichte jüngster Entwicklungen in der Türkei – etwa neue Inhaftierungswellen und zunehmende Einschränkungen zivilgesellschaftlicher Freiheiten – nehmen nicht nur Stimmen aus Deutschland, sondern auch aus Brüssel und Menschenrechtsorganisationen die deutschen und europäischen Politiker stärker in die Pflicht: Die Europäische Kommission hat am Donnerstag erneut die Dringlichkeit betont, demokratische Standards bei Kooperationsgesprächen mit Ankara nicht zugunsten pragmatischer Interessen herabzusetzen. Laut Human Rights Watch wurden im letzten Jahr zahlreiche Journalisten und Oppositionelle in der Türkei wegen vermeintlicher Terrorunterstützung festgenommen oder angeklagt, während gleichzeitige wirtschaftliche Abhängigkeiten zwischen der EU und der Türkei weiterhin wachsende Kritik an einem rein sicherheitsorientierten Dialog entfachen.