Sowohl die progressiven Jungsozialisten als auch der eher pragmatische Seeheimer Kreis in der Bundestagsfraktion der SPD haben jeweils eigene Positionspapiere zur Neugestaltung der Erbschafts- und Schenkungssteuer vorgelegt. Das 'RedaktionsNetzwerk Deutschland' berichtet, dass beiderseits konkrete Vorschläge erarbeitet wurden, die noch diskutiert werden sollen – unter anderem auf dem bevorstehenden Juso-Bundeskongress. Der Juso-Vorschlag beklagt scharf, dass der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit die Gesellschaft spalte und das Vertrauen in Rechtsstaat und Demokratie gefährde; die Antwort laut Jusos: eine entschiedenere Politik gegen diese Entwicklung. Die Seeheimer Gruppe wiederum weist darauf hin, dass inzwischen mehr als die Hälfte des Privatvermögens in Deutschland nicht mehr durch eigene Arbeit, sondern vor allem durch Erbschaften und Schenkungen entsteht – ein Trend, der nicht nur Vermögen, sondern eben auch ungleiche Chancen und gesellschaftlichen Frust vererbt. Parsa Marvi, SPD-Abgeordneter und Mitautor des Seeheimer-Papiers, kritisiert deutlich, dass große Unternehmensvermögen beinahe steuerfrei übergehen, während Bürger mit kleineren Erbschaften vergleichsweise stärker zur Kasse gebeten werden. Er plädiert dafür, sehr große Vermögen spürbar zu besteuern und gleichzeitig Arbeitgeber und Familien gezielt zu entlasten – das müsse ein Projekt der gesamten Koalition werden. Auch Forderungen nach einer obligatorischen betrieblichen Altersvorsorge für alle Beschäftigten werden erhoben. Juso-Chef Philipp Türmer sieht die Partei in der Pflicht, sich klar zu ihrer eigenen Wertebasis zu bekennen und warnt: Wenn die SPD weiterhin bei den Gerechtigkeitsfragen zaudert, verspiele sie weitere gesellschaftliche Glaubwürdigkeit – und müsse sich selbstkritisch hinterfragen.
In den letzten Tagen hat die Debatte um Erbschafts- und Vermögenssteuern in Deutschland spürbar Fahrt aufgenommen. SPD-interne Gruppen, von den jungen Linken bis zum moderaten Seeheimer Kreis, fordern gemeinsam, große Vermögen künftig stärker steuerlich zu belasten, um der wachsenden sozialen Ungleichheit entgegenzuwirken. Indes zeigen aktuelle Wirtschaftsstudien, dass allein 2023 in Deutschland rund 400 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt wurden – ein Rekordwert. Kritiker kontern jedoch, zu hohe Steuern könnten mittelständische Unternehmen gefährden, weshalb in anderen EU-Staaten bereits innovative Modelle zur Unternehmensnachfolge getestet werden. Das öffentliche Echo ist geteilt: Während etliche Bürger angesichts wachsender Kluft zwischen Arm und Reich mehr Gerechtigkeit fordern, befürchten konservative Politiker und Interessenverbände negative wirtschaftliche Folgen durch strengere Regelungen. Auch in anderen europäischen Ländern stellen sich ähnliche Herausforderungen bei der Balance zwischen Steuergerechtigkeit und Wirtschaftsfreundlichkeit. Ein Kompromiss scheint vorerst weit entfernt – und das, obwohl das Thema gesellschaftlich längst brennt.