Stahlindustrie in Deutschland – Ein Wendepunkt mit offenem Ausgang

Wird Deutschlands Stahlbranche zum Opfer steigender Energiepreise und internationalen Wettbewerbs? Die IG Metall schlägt Alarm.

heute 15:06 Uhr | 43 mal gelesen

Gestern, Georgsmarienhütte: IG Metall hat zum Tagungstermin des Arbeitskreises Nord geladen, auch Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies ließ sich diese Runde nicht entgehen. Deutlich wurde dabei: Die Stahlproduktion in Deutschland gerät zunehmend in Schieflage. Energiepreise schnellen in eine Richtung, die die Unternehmen erzittern lässt – parallel wächst der internationale Konkurrenzdruck, und die Umstellung auf klimafreundlichere Prozesse stockt an zu vielen Stellen. Bezirksleiter Thorsten Gröger schiebt die Poetenschiene: 'Stahl ist kein Wirtschaftszweig wie jeder andere – er pulsiert im Takt der deutschen Industrie.' Ein scheinbar dramatisches Szenario wird aufgemalt: Lässt die Politik die Branche im Regen stehen, droht ein orchestriertes Abwandern der Industrie. Lies indes wiederholt seine Forderung nach entschlossenen Maßnahmen. Er will einen stabilen Schutz der Branche. Stichwort: CO2-Grenzausgleich, ein Batteriepol für die gerechte Industriezukunft – so ungefähr klingt es. Und noch ein Klassiker: Energiepreise runter! IG Metall hält sich bei der Zahl nicht zurück – fünf Cent pro Kilowattstunde müsse der Strom künftig kosten, feste Verlässlichkeit vorausgesetzt. Der Ausbau der Wasserstoffversorgung steht ebenfalls auf dem Wunschzettel. Kurz vor dem Stahlgipfel der Bundesregierung artikuliert IG-Metall-Vorstandsmitglied Manuel Bloemers den Gewerkschaftswunsch nach konkreten Beschlüssen, die wirklich halten, was sie versprechen: Planbarkeit und soziale Absicherung für Beschäftigte. Es bleibt zumindest fraglich, ob der politische Wille kurz vor einer EU-Wahl wirklich für den großen Wurf reicht.

Die IG Metall positioniert die Stahlindustrie als essenziellen Pfeiler der deutschen Wirtschaft und mahnt bei der Politik an, jetzt rasche Entscheidungen zu treffen. Hauptkonfliktpunkte: steigende Energiekosten, internationale Konkurrenz und langsamer Fortschritt bei der Transformation hin zu klimafreundlichen Methoden. Es gibt wenig Optimismus, ohne handfeste und zügige politische Maßnahmen könnten zehntausende Arbeitsplätze und ganze Wertschöpfungsketten gefährdet sein. Das Thema Wasserstoff als Hoffnungsträger kommt zwar immer wieder auf den Tisch, aber die Umsetzung bleibt schleppend. Erst jüngst diskutierten auch Vertreter von Thyssenkrupp und Salzgitter über notwendige politische Hilfen, besonders, da Billigstahl vor allem aus China den Markt weiterhin flutet. Laut aktueller Recherchen ist der EU-Handelsschutz zuletzt nur zögerlich ausgebaut worden, während Frankreich und Italien im eigenen Land bereits umfassender energie- und industriepolitisch absichern (siehe u.a. aktuelle Leitartikel bei taz und Zeit). Unklar bleibt, ob der erwartete Stahlgipfel tatsächlich mit substanziellen Maßnahmen aufwartet – die politische Gemengelage bleibt in Bewegung.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

Die Süddeutsche Zeitung beschreibt in einem aktuellen Hintergrundbericht die Dringlichkeit eines industriepolitischen Schutzschirmes für den deutschen Stahl, denn insbesondere der steigende Import von Billigstahl aus China unterminiert alle Klimaambitionen und bedroht zugleich zehntausende Arbeitsplätze, während der politische Kurs der Bundesregierung in der Koalition weiter umstritten bleibt. Quelle: Süddeutsche Zeitung

Bei der Zeit wird auf die zunehmende Unsicherheit der Stahlindustrie hingewiesen – selbst gut aufgestellte Unternehmen geraten unter Druck und fordern Planungssicherheit, aber auch soziale Abfederung etwa durch Kurzarbeit-Regelungen und Qualifizierungsmaßnahmen, falls Arbeitsplätze verloren gehen. Quelle: Die Zeit

Im Wirtschaftsteil des Spiegels wird detailliert analysiert, dass der geplante Umbau zur grünen Stahlproduktion enorme Investitionen erfordert, die wiederum staatliche Unterstützung unverzichtbar machen, während unterdessen internationale Player – nicht zuletzt China und die Türkei – den europäischen Markt mit günstigen Exporten fluten und die Preise drücken. Quelle: Der Spiegel

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