Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Bundespräsident einen Kollegen direkt um eine so explizite Geste ersucht. Doch genau das tat Frank-Walter Steinmeier laut dem Bundespräsidialamt am Montag: Er wandte sich an den algerischen Präsidenten Tebboune und bat um die Freilassung Boualem Sansals – nicht aus politischen Kalkül, sondern, so klingt es jedenfalls, aus menschlicher Überzeugung.
Steinmeier machte klar, dass die Freilassung als Zeichen von Humanität und politischer Einsicht verstanden werden könnte – und dass sie auch auf persönlicher Ebene wichtig sei. Er versprach zudem, dass Sansal nach Deutschland reisen und sich hier ärztlich behandeln lassen könne, sollte Tebboune einlenken.
Dass Sansal schon seit einem Jahr hinter Gittern sitzt und gesundheitlich offenbar angeschlagen ist, dürfte den Druck aus Berlin erklären. Der 2025 zu fünf Jahren verurteilte Autor hatte sich unliebsam über die algerisch-marokkanische Grenzfrage geäußert – genauer, indem er die territoriale Geschichte während der Kolonialzeit infrage stellte. Solche Worte reichen dort offenbar schon für eine Haftstrafe.
Steinmeier beantragte beim algerischen Präsidenten offiziell Gnade für Sansal und betonte die individuelle und diplomatische Tragweite einer solchen Entscheidung. Die Inhaftierung des alten, gesundheitlich angeschlagenen Autors stieß international längst auf Unverständnis; zahlreiche Menschenrechtsorganisationen fordern seine Freilassung. Laut Berichten etwa der taz und der Süddeutschen Zeitung wird Sansals Fall auch als Symptom für einen beträchtlichen Mangel an Meinungsfreiheit und literarischer Toleranz in Algerien gesehen. Recherche aus den genannten Quellen ergab außerdem, dass die Debatte um die Beziehung zwischen Algerien und Marokko angesichts von Grenzkonflikten und historischen Streitpunkten weiterhin ein äußerst sensibles politisches Feld ist. Die Lage vor Ort bleibt schwierig: Algerien verzeichnet immer wieder Einschränkungen von Bürgerrechten, insbesondere bei kritischen Stimmen aus Kunst und Wissenschaft.