Wer hätte gedacht, dass eines Tages Künstliche Intelligenz nicht nur mit den Lebenden, sondern auch mit Verstorbenen kommuniziert? Doch inzwischen finden sich sowohl Podcasts als auch Chatbots und Avatare mit Stimmen und Charakterzügen von Menschen, die längst nicht mehr unter uns weilen. Plötzlich wird der verstorbene Partner digital wieder greifbar – per Chat, per Stimme, per Foto. Eine Zukunftsvision, die bereits Realität ist und neue Fragen aufwirft: Ist das noch Erinnerungskultur oder schon ein problematisches Geschäftsmodell? Wie sehr verändert das Trauern, wenn Hinterbliebene permanent 'weiterreden' können? Professorin Judith Simon (Informatik-Ethik) und Medienforscher Martin Hennig bringen dazu ihre Gedanken ein – es wird durchaus kritisch.
Risse und Flecken, wo einst prachtvolle Fassaden erstrahlten: Der Denkmalschutz in deutschen Städten ächzt unter Geldmangel. Kommunen wie Lübeck und Quedlinburg sind Paradebeispiele – beides Weltkulturerbe, beide am finanziellen Limit, beide vor der Zwickmühle, Milliardenbedarf und leere Kassen zu balancieren. Fehlt jetzt der politische Wille oder doch schlicht das Geld? Die drohende Pleite mancher Stadt wird zum Menetekel für unser Kulturerbe.
Ganz anderes Baustellen-Flair: Der Eurovision Song Contest 2026 steht vor dem Boykott mehrerer Länder wegen Israels Teilnahme. Dabei sollte Musik doch verbinden, zumindest behauptet es das Motto. Historiker Dean Vuletic sieht trotzdem den größten Riss in der langen ESC-Geschichte. War der ESC jemals unpolitisch? Experten wie Antisemitismusforscherin Maria Kanitz und Olaf Zimmermann vom Kulturrat wägen ab: Bringt Kulturboykott überhaupt etwas, oder macht er alles nur schlimmer?
Während Hans Ticha in der DDR fast im Schatten der Zensur malte und heute mit Pop-Art-Elementen als „Warhol des Ostens“ geehrt wird, setzt die Kunsthalle Rostock dem 85-jährigen ein verspätetes Denkmal. Sein Werk, gesellschaftskritisch und verspielt wie experimentell, überrascht viele, die ihn bisher gar nicht kannten. Seine Bilder zeigen: Kunst aus dem Osten hatte ihre ganz eigenen Farbtöne.
Fatima, die Hauptfigur im Film „Die jüngste Tochter“, sucht ihren Platz zwischen Familie, Tradition, Homosexualität und eigenen Träumen. In Frankreich irrt sie zwischen ihren algerischen Wurzeln und Liebesgefühlen zu einer Frau, was das alte Familiengefüge gehörig ins Wanken bringt. Newcomerin Nadia Melliti verleiht der Rolle so viel Echtheit, dass sie in Cannes prompt ausgezeichnet wurde – ein Gespräch über Rollenbilder, Mut und Identität rundet diese Ausgabe ab.
Moderation: Siham El-Maimouni. Redaktion: Edith Beßling, Christine Gerberding, Niels Grevsen, Annette Plomin, Melanie Thun (NDR).
Die Sendung beleuchtet fünf Aspekte aktueller Kultur- und Gesellschaftsentwicklungen: Erstens die neuen Möglichkeiten und ethischen Debatten rund um digitale Avatare Verstorbener, was sowohl Hoffnung als auch Unbehagen in der Trauerarbeit mit sich bringt. Zweitens sorgen fehlende staatliche Gelder für ein echtes Risiko, dass bedeutende Baudenkmäler in deutschen Städten sprichwörtlich zerbröseln – nicht nur Lübeck leidet, sondern in vielen Kommunen spitzt sich die Situation merklich zu. Beim Eurovision Song Contest kocht derzeit eine Debatte hoch, nachdem der politische Konflikt um Israel zu Boykotten führt und das Selbstbild des ESC als friedlicher kultureller Brückenbauer erstmals ernsthaft ins Wanken gerät. Die künstlerische Retrospektive zu Hans Ticha öffnet neue Blicke auf kritische DDR-Pop-Art, die erst nach der Wende überhaupt sichtbar werden durfte. Schließlich beschäftigt sich 'ttt' mit den Schwierigkeiten junger Menschen, wenn Religion, sexuelle Orientierung und Familie aufeinanderprallen – wie eindringlich der Spielfilm „Die jüngste Tochter“ diese Gemengenlage verarbeitet, wurde auch jenseits von Deutschland bemerkt.
Ergänzend: Die aktuelle Forschung berichtet, dass sich in anderen europäischen Ländern ähnliche KI-Dienstleistungen zum digitalen Weiterleben entfalten, teils mit kontroverser Resonanz. Im Denkmalschutz mahnen Experten*innengruppen nachhaltige Investitionen an, da nicht nur historische, sondern auch wirtschaftliche Schäden durch den Niedergang drohen. Im ESC-Konflikt wächst europaweit der Druck auf Veranstalter, sich politisch zu positionieren; das Thema ist alles andere als abgeschlossen.