Vorschlag für neue Praxisgebühr entfacht breite Kontroverse

Die Forderung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, bei jedem Arztbesuch eine Gebühr zu verlangen, trifft auf heftigen Widerspruch aus Politik, Patientenvertretungen und Krankenkassen.

heute 13:37 Uhr | 19 mal gelesen

Ganz ehrlich: Der Ruf nach einer erneuten Gebühr für jeden Arztkontakt, den Andreas Gassen (KBV) laut werden ließ, klingt für viele wie ein Relikt aus alten Tagen. Vier Euro pro Arztbesuch – das erinnert nicht nur an die halbherzig begrabenen Ideen der 2000er-Jahre, sondern trifft vor allem wieder jene, die ohnehin kaum noch wissen, wie sie ihre Versorgung stemmen sollen. SPD-Gesundheitsexperte Pantazis lehnt das ab. Seiner Meinung nach bewirkt eine solche Gebühr – egal, wie gering sie ausfällt – kaum echte Steuerung, sondern belastet in erster Linie Menschen mit wenig Geld, chronisch Kranke und Ältere. Aus der Gesundheitspolitik mischen sich Stimmen ein, die fordern, statt Bestrafungsgebühren auf echte Systemverbesserungen zu setzen: Primärversorgung, verbindliche Lotsenmodelle, echte Termingarantie zum Facharzt. Das Ziel: das System entlasten, ohne neue Hürden aufzubauen. Auch Patientenvertreter wie Eugen Brysch machen sich Luft: Die Einführung einer Kontaktgebühr sei eher ein Mittel, um Kassen zu füllen, nicht um die Versorgung gezielter zu steuern. Der bürokratische Mehraufwand und neue Streitfälle würden Arztpraxen eher zusätzlich belasten als irgendwie helfen. Relativ unverblümt kritisieren auch die Grünen und die Linke, dass solche Maßnahmen wenig zur tatsächlichen Lösung beitragen. Dahmen (Grüne) sieht darin sogar eine Scheindebatte; Gürpinar (Linke) plädiert stattdessen klar für stärkere Beiträge von Menschen mit höherem Einkommen – eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze als fairen und wirksameren Weg. Diese ganze Diskussion fühlt sich an wie ein Déjà-vu. Es bleibt ein fahler Beigeschmack: Immer wieder reichen Verantwortungsträger die Probleme nach unten weiter – selten aber die Verantwortung für tiefere Strukturlösungen.

Mitten in die aktuelle Diskussion um die Stabilisierung des Gesundheitssystems platzt die Forderung nach einer neuen Praxisgebühr – und wird von nahezu allen Seiten abgelehnt. Kritiker führen u.a. an, dass eine solche Gebühr die tatsächlichen Finanzprobleme der Krankenversicherungen nicht löst, sondern soziale Härten verschärft und neue Bürokratie schafft. Die Kernfrage bleibt: Wie lässt sich die Versorgung sichern, ohne vulnerable Gruppen noch stärker zu belasten? Die Debatte spiegelt ein grundsätzliches Dilemma der deutschen Gesundheitspolitik wider: Zwischen steigenden Kosten, Ressourcenknappheit und dem Anspruch auf Solidarität werden schnelle, einfache Lösungen oft gefordert, bleiben realpolitisch aber meist Stückwerk. Zusätzlich zur bisherigen Kritik haben Recherchen ergeben, dass die Debatte um die Praxisgebühr auf eine immer größere Unzufriedenheit im Gesundheitssystem trifft, viele Ärzte und medizinische Fachangestellte klagen über Arbeitsüberlastung und chronischen Personalmangel. Die finanzielle Schieflage der gesetzlichen Krankenkassen wird nicht allein durch Leistungen, sondern auch durch demografische Veränderungen und politische Fehlsteuerungen verschärft. Bundesweit gibt es bereits Aufrufe von Experten, eine grundlegende Reform anzugehen und endlich die Finanzierung der Pflege- und Gesundheitsleistungen gerechter und nachhaltiger zu gestalten. Zudem wurden in aktuellen Berichten neue Ansätze wie digitale Versorgung, bessere Terminsteuerung und eine konsequentere Patientenlotsenfunktion als wirksamere Alternativen diskutiert.

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