Was nach Black Friday bleibt: Zwischen Textilwüste und Konsumkritik – Eindrücke aus Accra

Hamburg – Während viele Geschäfte satte Rabatte versprechen und auf einen weiteren Black Friday hinfiebern, hinterfragt das Label ECOALF zusammen mit The Or Foundation unser Konsumverhalten und nimmt uns mit nach Accra, Ghana – ins Epizentrum eines globalen Textilmüllproblems.

heute 10:19 Uhr | 19 mal gelesen

„Schwarze Flut“ – das klingt fast wie der Anfang einer Dystopie, aber in Accra ist es Realität. Auf dem Kantamanto-Markt, dem wohl größten Umschlagplatz für Altkleider auf dem Planeten, landen wöchentlich mehr als 15 Millionen Stück – ein unvorstellbarer Strom an Mode, direkt aus den Sammelbehältern Europas und Nordamerikas. Aber was hier keinen Abnehmer findet (und das sind erschreckende 40 Prozent), verendet als Müll: verheddert in den offenen Abwasserkanälen, an Stränden, verwoben zu bizarren Textilgeflechten, die mit jedem Regen weiterwuchern. Manchmal frage ich mich, ob wir jemals begreifen, wohin dieser Drang nach immer neuer Kleidung führt – eine absurde Form des Fortschritts, von der alle verlieren. Die Or Foundation dagegen packt wortwörtlich mit an: Menschen, die sich selbst „Tide Turners“ nennen, räumen Woche für Woche mehr als 20 Tonnen Textil- und Plastikabfall weg. Das sind keine romantisierten Umwelthelden – das ist harte, manchmal absurde Knochenarbeit. Scharfkantige Macheten, zerschlissene Handschuhe, Berge von Müll. Und dennoch, irgendjemand muss es tun. Die Bilder davon, wie Stoffstreifen zwischen den Palmen spannen, während im Hintergrund das Meer rauscht – sie gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Unsere Wegwerfmode taucht nicht einfach im Nirvana unter. Sie landet, sofern sie nicht verkauft wird, genau hier und zerstört, was andere schützen wollen: Lebensraum, Tierwelt, Identität ganzer Gemeinschaften. Laut Ellen Macarthur Foundation wird das Gros der Billigkleidung etwa nur sieben bis zehn Mal getragen, bevor sie aussortiert wird, um neuen Hypes nachzujagen. Dass dabei nicht nur Fäden, sondern ganze soziale Netze reißen, will kaum jemand hören. Und dann kommt Black Friday. Noch mehr Angebote, noch mehr Gründe, impulsiv zu kaufen. ECOALF lehnt das ab, verweigert Rabatte demonstrativ. Stattdessen ein Kurzfilm, der die Realität ungeschönt zeigt – und der Aufruf: bewusster leben, reparieren, wiederverwenden statt unüberlegt zu shoppen. Klingt sperrig, aber auch irgendwie erleichternd, oder? Im Grunde geht es darum, Verantwortung zu übernehmen und nicht bloß mit dem Finger zu zeigen. Wer sich ansieht, was mit unserer aussortierten Kleidung wirklich passiert, denkt vielleicht beim nächsten Schnäppchen zweimal nach. Ich tu’s jedenfalls.

Die Problematik des Überkonsums spitzt sich in Accra, Ghana, dramatisch zu: Wöchentlich werden Millionen Secondhand-Kleidungsstücke angeliefert, von denen ein großer Teil zum ökologischen Problem wird, weil sie weder verkauft noch sinnvoll verwertet werden können. Die Gemeinschaftsinitiative The Or Foundation räumt die Folgen unseres Konsumverhaltens buchstäblich weg und setzt damit ein Zeichen gegen die Verantwortungslosigkeit der globalen Modeindustrie. Während der Black Friday zahlreiche Konsumenten zu schnellen Käufen verlockt, setzt ECOALF bewusst einen Kontrapunkt und ruft dazu auf, die destruktive Schnäppchenjagd zu hinterfragen – stattdessen sollten wir Kleidung wertschätzen, Ressourcen schonen und unsere Kaufentscheidungen neu ausrichten. Recherchen vom 13. und 14. Juni 2024 zeigen, dass das Thema Fast Fashion aktuell hitzig in den Medien diskutiert wird. Unter anderem berichtet die FAZ von einem neuen EU-Richtlinien-Entwurf, der Modekonzerne zum Recycling verpflichten könnte, während die Süddeutsche einen Schwerpunkt auf den steigenden Anteil afrikanischer Staaten an der Bekämpfung von Textilmüll legt. Weitere Stimmen, darunter taz und Zeit, thematisieren die Rolle des internationalen Handels und hinterfragen die gängigen Recycling-Mythen.

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