Wechseljahre und Darm: Wie das Mikrobiom der Frau den Hormonhaushalt beeinflusst

Rellingen – Häufig drehen sich Gespräche über die Wechseljahre ums Hormonchaos, Hitzewallungen oder Schlaflosigkeit. Kaum jemand spricht dabei jedoch von dem Organ, das still und leise im Hintergrund den Taktstock schwingt: der Darm. Vom Unsichtbaren im Bauch geht eine enorme Kraft aus – weit mehr, als wir in Sachen Hormone oft vermuten.

heute 13:04 Uhr | 14 mal gelesen

Fragt man Menschen nach Hormondrüsen, denken sie an Schilddrüse oder Eierstöcke, vielleicht noch an die Nebenniere. Aber der Darm? Der wird meistens vergessen. Dabei erzeugt unser Verdauungssystem massenhaft Botenstoffe, darunter Serotonin, Motilin, PYY & Co. – das wusste man schon länger. Relativ neu: Auch die feine Abstimmung weiblicher Hormone wird dort gelenkt, indirekt, durch winzige Darmbewohner. Wissenschaftler beobachten, dass mit dem Alter oder durch Stress das sogenannte Östrobolom aus dem Takt geraten kann. Das klingt sperrig, bedeutet aber: In deinem Darm werkelt ein Ensemble von Mikroben, das mit Enzymen wie der ß-Glucuronidase darüber entscheidet, wie viel Östrogen im Körper bleibt. Ist dieses Gleichgewicht gestört – durch Ernährung, Medikamente, hormonelle Umbrüche – können die typischen Wechseljahresbeschwerden heftiger ausfallen. Was die Menopause am Darm verändert? Nun, da gibt es ein paar unschöne Dinge: Die Artenvielfalt der Mikroorganismen nimmt tendenziell ab, Entzündungen werden leichter entfacht, die Verdauung läuft manchmal so rumpelig wie ein alter Traktor. Auch die Darmwand leidet, schottet schlechter gegen Schadstoffe ab. Symptome wie Müdigkeit, Stimmungstiefs und Gewichtszunahme verstärken sich. Stichwort Stimmung: 90 Prozent des Serotonins entstehen im Darm. Ist die Mikrobenwelt gestört, leiden nicht nur Bauch und Stoffwechsel, sondern auch das Gemüt. Forschungen zeigen Zusammenhänge mit Antriebslosigkeit, Ängsten, Reizbarkeit – vielen Frauen in den Wechseljahren ist das nur zu gut bekannt. Gewicht? Ein träger Darm kann mitverantwortlich sein, dass die Waage nach oben zu ruckeln scheint, auch bei sonst gewohnter Ernährung. Was kann frau tun? Die Antwort klingt fast zu einfach: Den Darm ins Zentrum rücken. Nicht bloß mit einem Glas Joghurt oder beliebigen Probiotika ist es getan. Entscheidend ist ein buntes, stabiles Östrobolom – also eine Vielfalt jener Mikroorganismen, die etwa ß-Glucuronidase herstellen und helfen, das Östrogen wieder zu aktivieren. Praktisch sollte Ernährung abwechslungsreich, ballaststoffreich und möglichst wenig belastet sein – auf Masseneinsatz von Antibiotika besser verzichten (was sich ohnehin herumspricht). Spezielle Darmsanierungen, wie sie mittlerweile etwa mit Produkten wie Renova angeboten werden, setzen genau dort an: Sie nähren jene nützlichen Bakterien, die frau nicht einfach schlucken kann. Klingt kurios, aber tatsächlich braucht es manchmal einen kleinen Schubs von außen für das Bauchgefühl und die hormonelle Stabilität. Zusammengefasst: Wer die Wechseljahre gelassen(er) erleben will, sollte seinem Bauchgehirn mehr Aufmerksamkeit schenken. Es reicht nicht, die Hormone isoliert zu betrachten – Ernährung, Psyche und der Zustand des Mikrobioms gehören zusammen. Das mag manchmal wie ein Patchwork wirken, ergibt aber einen viel ganzheitlicheren Zugang, von dem der ganze Körper profitiert. Manchmal muss man nur an einem unerwarteten Punkt anfangen – im Bauch, tief drin.

Neue wissenschaftliche Befunde legen nahe, dass die Darmflora, insbesondere das sogenannte Östrobolom, bei Frauen während der Wechseljahre eine zentrale Rolle für den Hormonhaushalt und das Wohlbefinden spielt. Veränderungen im Mikrobiom – etwa durch Alter, Stress oder Antibiotika – können die Östrogenregulation beeinflussen und Beschwerden verstärken. Laut aktuellen Studien führen die hormonellen Umbrüche in der Menopause zu einem Rückgang der Artenvielfalt im Darm, was nicht nur die Verdauung, sondern auch Stimmung, Schlaf und Gewicht negativ beeinflussen kann. Eine gezielt auf die Mikrobiota abgestimmte Ernährung und präbiotische Maßnahmen rücken angesichts dieser Erkenntnisse stärker in den Fokus der wissenschaftlichen und praktischen Empfehlungen (siehe z. B. Arbeiten des Helmholtz Zentrums München und jüngste Veröffentlichungen im Fachjournal Nature Microbiology, Stand Juni 2024). Gerade in Deutschland erfährt die Diskussion um das „Bauchgehirn“ und sein Zusammenspiel mit Hormon- und Immunsystem aktuell neuen Auftrieb, getrieben von wachsendem Interesse an ganzheitlichen Gesundheitskonzepten und Studien aus der personalisierten Ernährungsmedizin. Viele Ärzte und Ernährungswissenschaftler betonen inzwischen die Bedeutung eines funktionsfähigen Mikrobioms nicht nur für die Stoffwechsel- und Immunbalance, sondern auch speziell für das weibliche Hormonsystem in der Lebensmitte.

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