Wenn ich ehrlich bin, überrascht es mich ein wenig, denn im Herzen Europas und mit dem deutschen Hang zu Organisation hätte ich erwartet, dass Deutsche in Brüssel zahlenmäßig deutlich vertreten wären. Tatsächlich bemängelte das Auswärtige Amt am Mittwoch genau das Gegenteil: Deutsche sind im EU-Betriebsapparat eher Mangelware. Ein Sprecher betonte, viele Behörden – auch das eigene Haus – schickten Mitarbeitende zu EU-Posten, doch es fehle schlicht eine breite Bewerberbasis. Länderquoten gibt es offiziell nicht, allerdings existiert ein Zielwert, an den Deutschland kaum heranreicht: Bei 13,8 Prozent liegt der Richtwert, doch außer im Management sind diese Zahlen häufig deutlich niedriger.
Warum das? Das liegt offenbar auch daran, dass seit sechs Jahren kaum größere Auswahlverfahren stattgefunden haben. Das bedeutet nicht nur weniger Chancen für Nachwuchstalente, sondern auch einen anhaltenden Rückstand bei den Deutschen in der EU-Verwaltung – insbesondere in der wichtigen, höheren Ebene. Die Hoffnung der Bundesregierung: Mit neuen Initiativen mehr deutsche Bewerber für Brüssel begeistern. Wie genau das gelingen soll? Noch hält man sich mit den Details zurück. Aber offensichtlich will man in Berlin strategisch nachlegen. Verwunderlich, dass es so lange gedauert hat, könnte man meinen. Oder vielleicht ist das EU-Parkett doch eine ganz eigene Welt, deren Tore sich nicht jedem so leicht öffnen.
Deutschland ist in den EU-Institutionen unterrepräsentiert, insbesondere im Vergleich zu seiner Bevölkerungszahl und seinem Einfluss innerhalb der Union. Die Bundesregierung plant deshalb neue Anreize und Programme, um mehr Deutsche zu Bewerbungen zu bewegen, darunter unter anderem gezieltes Informationsmaterial, Beratungsangebote und spezielle Trainingseinheiten für Auswahlverfahren. Zusätzlich gibt es Überlegungen, die Sichtbarkeit von EU-Karrieren in Schulen, Universitäten und im öffentlichen Dienst zu erhöhen und das EU-Auswahlverfahren transparenter wie auch zugänglicher zu machen.
Recherchen zeigen, dass die Thematik der deutschen Unterrepräsentation seit einiger Zeit immer wieder diskutiert wird – etwa weil Frankreich, Italien oder auch kleinere Länder oft verhältnismäßig mehr Beschäftigte in Brüssel stellen. Medien berichten, dass die Psyche vieler Bewerber durch die komplexen und langwierigen Auswahlverfahren gebremst werde, was wohl nicht nur Deutsche betrifft. Neuere Ansätze in der Politik könnten dem entgegenwirken, unter anderem durch Kooperationen zwischen Auswärtigem Amt und Universitäten sowie gezielte Bewerbungskampagnen, um das Interesse an den vielseitigen, aber herausfordernden Karrieren im europäischen Dienst zu wecken.