Als ich neulich las, dass Bundeswirtschaftsministerin Reiche fordert, dass hierzulande deutlich mehr in Vollzeit gearbeitet werden sollte, musste ich kurz die Stirn runzeln. Nicht aus Unverständnis – eher, weil das Thema so vielschichtig ist. Steffen Kampeter, der BDA-Hauptgeschäftsführer, hat es im Gespräch mit T-Online jedenfalls ziemlich auf den Punkt gebracht: 'Mehr Netto vom Brutto! Wir werden wohl nicht drum rumkommen, länger zu arbeiten, weil wir dank besserer Gesundheit ja auch länger leben.' Interessant, wie selbstverständlich er dabei die 'Rente mit 63' infrage stellt – weg damit, zack. Und dann noch der Ruf nach weniger Bürokratie, als wäre das so einfach, mal eben alle Vorschriften zu entrümpeln.
Kampeter bringt auch eine persönlichere Note rein: Arbeit ist mehr als Einkommen, sie gibt Halt und Sinn. Es scheint ihn zu stören, dass die aktuelle Debatte suggeriert, Arbeit sei eine Last. Für ihn steht fest: Wir brauchen eine Kultur, die Arbeit wertschätzt, statt die 'Fleißigen' ständig zu kritisieren. Aber mal ehrlich – kann man, gerade in Zeiten von Burnout und flexiblen Lebensentwürfen, wirklich so eindeutig Partei ergreifen? Mir kommt der Gedanke: Zwischen Ideal und Alltag klafft oft eine gewaltige Lücke.
Katherina Reiche von der CDU will, dass Arbeitnehmer in Deutschland künftig vermehrt in Vollzeit arbeiten – mit Rückendeckung vom Arbeitgeberverband BDA. Steffen Kampeter macht klar: Weniger Sozialabgaben und ein Abschied von der Rente mit 63 könnten Teil der Lösung sein, genauso wie ein Abbau unnützer Bürokratie. Kritische Stimmen merken jedoch an, dass solche Forderungen die Realität vieler Beschäftigter – von der Care-Arbeit bis zur Vereinbarkeit mit Familie – kaum erfassen, und komplexe Fragen wie Altersarmut, psychische Belastung oder der Wandel des Arbeitsbegriffs werden bislang kaum mitgedacht.
Aktuelle Berichte weisen übrigens auf eine Zunahme der Diskussion über flexible Arbeitszeitmodelle und die Herausforderungen einer älter werdenden Gesellschaft hin. Mehrere Wirtschaftsexperten warnen, dass reine Arbeitszeiterhöhung ohne Investition in Bildung und Digitalisierung zu kurz greife. Die Debatte um die 'Rente mit 63' polarisiert weiterhin, da Gewerkschaften auf Altersdiskriminierung und die Schonung von kräftezehrenden Jobs pochen.