Freitagfrüh, irgendwo zwischen Reisestrapazen und politischer Diplomatie: Johann Wadephul spricht nicht wie einer, der auf Routinebesuch geht. "Angesichts der geostrategischen Bedeutung müssen wir die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei wieder enger knüpfen", so seine klare Ansage kurz vor seiner Stippvisite in Anatolien. Wobei – der Minister macht keinen Hehl daraus, dass es nicht nur Floskeln bleiben sollen. In Ankara will er grundsätzliche Fragen offen ansprechen; was sich von türkischer Seite ändern muss, damit die Brücke zur EU robust bleibt – das will er ausloten.
Wadephul erwähnt, was oft untergeht: Die langen Fäden der deutsch-türkischen Gesellschaft – kaum ein anderes Land ist mit Deutschland so facettenreich verwoben. Klar, außenpolitisch sieht er noch ungenutztes Feld, sei es Nahost oder der schräge syrische Flickenteppich. Immerhin – und das sagt er so, dass leicht Skepsis mitschwingt – verdanke man der Türkei ihren Anteil am Gaza-Waffenstillstand. Ankara wird weiter gebraucht, um Druck auf Hamas aufrecht zu erhalten.
Was Syrien betrifft, so bleibt Wadephul eher vorsichtig-optimistisch: Es müsse politisch vorangehen, möglichst mitsamt allen, die zur Gesellschaft Syriens gehören. Ohnehin teilen Berlin und Ankara das Ziel, syrische Geflüchtete zur freiwilligen Rückkehr zu bewegen – eine Herkulesaufgabe.
Sein Aufenthalt in der Türkei ist auf wenige Stunden getaktet, wie ein Sprung ins kalte Wasser: Treffen mit dem türkischen Geheimdienstchef, später Austausch mit Außenminister Fidan. Es wirkt fast so, als wolle Wadephul den Gesprächsfaden keinesfalls wieder abreißen lassen.
Außenminister Johann Wadephul setzt auf einen neuen Anlauf zur partnerschaftlichen Kooperation zwischen der Europäischen Union und der Türkei. Die Gespräche in Ankara, so betont er, sollen nicht nur Symbolpolitik sein, sondern heikle Fragen offenlegen – von Reformbedarf auf türkischer Seite bis hin zur Rolle in internationalen Krisen wie dem Nahostkonflikt und der Syrien-Frage. Die Besonderheit der Beziehungen wird nicht zuletzt durch die enge gesellschaftliche Verflechtung zwischen Deutschland und der Türkei unterstrichen; hinzu kommt der politische Pragmatismus, gemeinsam Lösungen für geflüchtete Syrer:innen zu finden und die Türkei als wichtigen Akteur bei der Stabilisierung der Region einzubinden.
Neue Entwicklungen rund um den EU-Türkei-Dialog werden aktuell von mehreren Seiten beleuchtet. Medien berichten vermehrt über Ankaras Bemühen, durch außenpolitische Initiativen wieder stärker auf die EU zuzugehen, insbesondere im Kontext wachsender Instabilität im Nahen Osten und der Migrationsthematik. Aktuell äußern auch Regierungsvertreter anderer EU-Staaten vorsichtige Offenheit für eine Neubewertung der Beziehungen, sofern die Türkei bei Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit Zugeständnisse zeigt.