Bericht: Zahlreiche Ärzte ohne gültige Zulassung arbeiten in Deutschland

Mehr als 30 Ärzte sind in Deutschland tätig, denen im Ausland die ärztliche Lizenz entzogen wurde – meist infolge schwerer Vergehen.

02.10.25 10:24 Uhr | 103 mal gelesen

Aktuellen Recherchen zufolge praktizieren in Deutschland über 30 Mediziner, denen im Ausland die Berufserlaubnis aufgrund gravierender Fehlbehandlungen oder Verurteilungen wegen Sexualdelikten aberkannt wurde. Die Untersuchung wurde von mehreren Medien, unter anderem dem 'Spiegel', dem ZDF, dem 'Standard' und dem Organized Crime and Corruption Reporting Project, durchgeführt. Obwohl in Deutschland eine Approbation Pflicht ist, um als Arzt arbeiten zu dürfen, wird nicht konsequent überprüft, ob diese in einem anderen Land aberkannt wurde. Wer in Deutschland einmal eine Zulassung erhalten hat, kann grundsätzlich arbeiten, auch wenn die Approbation andernorts widerrufen wurde. Daten zeigen, dass in europäischen Ländern jährlich zahlreiche Ärzte ihre Lizenz verlieren, darunter allein in Norwegen, der Schweiz und Großbritannien etwa hundert. Ein EU-weites Warnsystem im Rahmen des Binnenmarkt-Informationssystems (IMI) soll eigentlich verhindern, dass auffällig gewordene Mediziner unbemerkt in anderen Staaten weiterarbeiten. In der Praxis bleibt die Wirkung jedoch gering: Zwischen 2020 und 2024 wurde in Deutschland lediglich 141 Medizinern die Approbation entzogen – nur ein Bruchteil davon aufgrund ausländischer Warnungen. Die meisten Landesministerien berichteten, der Lizenzentzug stehe meist nicht mit Hinweisen aus dem Ausland in Zusammenhang oder sie hätten dazu keine Informationen.

Die Problematik, dass Ärzte trotz Aberkennung ihrer Approbation im Ausland weiterhin in Deutschland praktizieren können, hat in jüngster Zeit verstärkte Aufmerksamkeit erlangt. Gründe für den Entzug sind häufig schwerwiegende Delikte wie falsche Behandlungen oder sexuelle Übergriffe. Während das europäische Warnsystem IMI seit über einem Jahrzehnt existiert, wird dessen Potenzial offenbar nicht ausgeschöpft – die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Behörden läuft schleppend und lückenhaft. Kontrollen sind begrenzt, und die Überprüfung ausländischer Approbationsentzüge erfolgt derzeit nicht systematisch im Zulassungsprozess deutscher Ärzte. Nach Medienberichten fordern sowohl Patienten- als auch Ärzteverbände und die Politik Nachbesserungen und eine konsequentere Umsetzung des europäischen Warnsystems, um die Patientensicherheit zu erhöhen. Andere europäische Länder stehen hinkt ebenfalls bei der grenzüberschreitenden Kontrolle zurück, wie aktuelle Projekte des European Data Journalism Network zeigen.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

In einem aktuellen Artikel auf Zeit Online wird beleuchtet, wie Lücken im europäischen Überwachungssystem dazu führen, dass Ärzte mit entzogener Approbation in anderen Staaten unentdeckt weiterpraktizieren können. Ein zentrales Problem wird darin gesehen, dass Staaten die Verantwortlichkeit zur Meldung häufig unterschiedlich auslegen und nationale Interessen dem Schutz der Patienten entgegenstehen. Es wird gefordert, den grenzüberschreitenden, digitalen Informationsaustausch verpflichtender und effizienter zu gestalten. (Quelle: ZEIT Online)

Die Süddeutsche Zeitung berichtet ausführlich über den Fall eines Arztes, der in mehreren europäischen Staaten aufgrund von Behandlungsfehlern und Fehlverhalten auffällig wurde, aber dennoch in Deutschland tätig war. Auch hier wird kritisiert, dass das Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) zwar existiert, von den Behörden aber oft nicht genutzt oder gar nicht bekannt sei. Bedenken werden zudem wegen fehlender Datenstandards zwischen den EU-Mitgliedstaaten und mangelnder Transparenz laut. (Quelle: Süddeutsche Zeitung)

Der Spiegel vertieft in einer aktuellen Recherche die Problematik und bringt mehrere konkrete Fallbeispiele aus Deutschland und dem europäischen Ausland. Der Artikel hebt hervor, dass Patienten sowie Ärzte selbst eine bessere Zusammenarbeit und eine datenbankgestützte Überprüfung fordern, um gefährliche 'Karussellärzte' zu stoppen, die zwischen Ländern wechseln. Es wird auf die Notwendigkeit gesetzlicher Reformen und einer gemeinsamen europäischen Arztregister aufmerksam gemacht. (Quelle: SPIEGEL)

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