Die Problematik, dass Ärzte trotz Aberkennung ihrer Approbation im Ausland weiterhin in Deutschland praktizieren können, hat in jüngster Zeit verstärkte Aufmerksamkeit erlangt. Gründe für den Entzug sind häufig schwerwiegende Delikte wie falsche Behandlungen oder sexuelle Übergriffe. Während das europäische Warnsystem IMI seit über einem Jahrzehnt existiert, wird dessen Potenzial offenbar nicht ausgeschöpft – die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Behörden läuft schleppend und lückenhaft. Kontrollen sind begrenzt, und die Überprüfung ausländischer Approbationsentzüge erfolgt derzeit nicht systematisch im Zulassungsprozess deutscher Ärzte. Nach Medienberichten fordern sowohl Patienten- als auch Ärzteverbände und die Politik Nachbesserungen und eine konsequentere Umsetzung des europäischen Warnsystems, um die Patientensicherheit zu erhöhen. Andere europäische Länder stehen hinkt ebenfalls bei der grenzüberschreitenden Kontrolle zurück, wie aktuelle Projekte des European Data Journalism Network zeigen.
Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema
In einem aktuellen Artikel auf Zeit Online wird beleuchtet, wie Lücken im europäischen Überwachungssystem dazu führen, dass Ärzte mit entzogener Approbation in anderen Staaten unentdeckt weiterpraktizieren können. Ein zentrales Problem wird darin gesehen, dass Staaten die Verantwortlichkeit zur Meldung häufig unterschiedlich auslegen und nationale Interessen dem Schutz der Patienten entgegenstehen. Es wird gefordert, den grenzüberschreitenden, digitalen Informationsaustausch verpflichtender und effizienter zu gestalten. (Quelle: ZEIT Online)
Die Süddeutsche Zeitung berichtet ausführlich über den Fall eines Arztes, der in mehreren europäischen Staaten aufgrund von Behandlungsfehlern und Fehlverhalten auffällig wurde, aber dennoch in Deutschland tätig war. Auch hier wird kritisiert, dass das Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) zwar existiert, von den Behörden aber oft nicht genutzt oder gar nicht bekannt sei. Bedenken werden zudem wegen fehlender Datenstandards zwischen den EU-Mitgliedstaaten und mangelnder Transparenz laut. (Quelle: Süddeutsche Zeitung)
Der Spiegel vertieft in einer aktuellen Recherche die Problematik und bringt mehrere konkrete Fallbeispiele aus Deutschland und dem europäischen Ausland. Der Artikel hebt hervor, dass Patienten sowie Ärzte selbst eine bessere Zusammenarbeit und eine datenbankgestützte Überprüfung fordern, um gefährliche 'Karussellärzte' zu stoppen, die zwischen Ländern wechseln. Es wird auf die Notwendigkeit gesetzlicher Reformen und einer gemeinsamen europäischen Arztregister aufmerksam gemacht. (Quelle: SPIEGEL)