Trump setzt Ukraine unter Druck: Selenskyj zwischen Würde und Isolation

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump stellt Kiew vor ein Dilemma: Bis Donnerstag soll Selenskyj 28 Forderungen akzeptieren – darunter Grenzänderungen, Abrüstung und Neutralität.

heute 18:54 Uhr | 23 mal gelesen

Man erlebt derzeit einen Moment, in dem Geschichte sich merklich an einer Weggabelung befindet. Selenskyj wirkte in seiner abendlichen Videobotschaft fast erschöpft, aber auch trotzig: "Mehr Druck als jetzt? Kaum vorstellbar." Die Ukraine steht, so schildert er – etwas vage, vielleicht auch aus Angst, Unruhe zu schüren – vor der vielleicht härtesten Entscheidung seit Kriegsbeginn. Entweder verliert das Land ein Viertel seiner Fläche und gibt zentrale Prinzipien preis, oder es riskiert, ohne amerikanische Unterstützung dazustehen. Die Gespräche am Tag zuvor – über eine Stunde mit JD Vance, Daniel Driscoll und anderen Vertretern – waren offenbar geprägt von der Suche nach Kompromissen, aber: Verhandeln mit dem Rücken zur Wand fühlt sich bekanntlich ganz anders an als mit dem Wind im Rücken. Das US-Konzept, das seit Kurzem in den Medien kursiert, liest sich wie ein Katalog abgründiger Kompromisse. Da sind all die Punkte – Krim und Donbass an Russland, eine drastische Verkleinerung der Armee, der dauerhafte Verzicht auf einen Nato-Beitritt. Im Gegenzug gibt’s Sicherheitsversprechen – aber keine westlichen Soldaten in der Ukraine. Gleichzeitig wäre ein EU-Beitritt möglich, falls davon noch die Rede sein kann. Ein Barometer für die Stimmung: Selbst innerhalb der Regierung in Kiew scheint längst nicht jeder überzeugt davon, dass diese „Sicherheitsgarantien“ tatsächlich etwas wert sind. Und dann wäre da noch die Forderung nach Neuwahlen und Amnestien für teils schwerwiegende Kriegsverbrechen. Selenskyj betont, „mit Ruhe und Eile zugleich“ auf die Vorschläge reagieren zu wollen. Große Worte als kleiner Trost? Das Land, so ahnt man bei seinen Sätzen, zittert zwischen Hoffen und Verzweifeln.

Selenskyj ringt mit den weitreichenden US-Forderungen, die einen tiefen Einschnitt für die Ukraine bedeuten würden: Abgabe entscheidender Landesteile wie Krim, Luhansk und Teile von Saporischschja, eine drastische Reduzierung der Armee, der Verzicht auf die NATO und Zugeständnisse bei internen Strafverfolgungen. Die Bevölkerung steht unter enormem Druck – nicht zuletzt, weil ein möglicher Rückzug der USA die militärische und wirtschaftliche Lebensader des Landes gefährden könnte. Überdies zeigen internationale Medien, dass in Washington selbst große Uneinigkeit über einen solchen Kurs herrscht, während Russland im Windschatten der Unsicherheit weiter auf eine Zermürbung des ukrainischen Widerstands hofft. Laut „Süddeutscher Zeitung“ und „Zeit“ haben sich verschiedene europäische Regierungschefs über den „28-Punkte-Plan“ entsetzt geäußert und bekräftigen ihre Unterstützung für die territoriale Integrität der Ukraine, auch unabhängig von den USA (Quelle: [Süddeutsche](https://www.sueddeutsche.de), [Zeit](https://www.zeit.de)). Die laufenden Diskussionen spiegeln eine tiefe Unsicherheit wider, wohin sich die Sicherheitsarchitektur Europas in den nächsten Monaten bewegt. Konkrete Zukunftsperspektiven für Kiew hängen nun davon ab, wie westliche Partner mit Trumps Ultimatum umgehen – erste Stimmen fordern, die Ukraine nicht zu geopolitischem Spielball werden zu lassen.

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