Blitzeinschlag: EuGH stuft Vorfall als außergewöhnlichen Umstand im Flugverkehr ein

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden: Wird ein Flugzeug vom Blitz getroffen, gilt das nicht als reguläres Betriebsrisiko für die Airline – die Pflicht zu Entschädigungszahlungen kann entfallen.

heute 10:38 Uhr | 40 mal gelesen

Wann ist eine Flugverspätung durch höhere Gewalt verursacht? Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sorgt mal wieder für Klarheit – oder zumindest Gesprächsstoff. Im jüngsten Urteil ging es um einen Austrian-Airlines-Flug, der beim Landeanflug auf Iasi (Rumänien) einen Blitzeinschlag hinnehmen musste. Sicherheitschecks, die eigentlich nie auf dem Plan stehen, führten dazu, dass der Folgeflug nach Wien erst Stunden später starten konnte. Einer der Fluggäste traf mit satten sieben Stunden Verspätung in Wien ein, reichte über einen Dienstleister Klage auf Kompensation ein – immerhin rund 400 Euro. Austrian Airlines konterte: Blitze sind eben nicht steuerbar, und man habe getan, was möglich war. Der EuGH sprach nun ein Machtwort: Solche Naturereignisse gehören nicht zum Alltag im Luftfahrtgeschäft, entsprechende Verzögerungen dürften unter Bedingungen als 'außergewöhnlich' eingestuft werden. Allerdings – und hier bleibt vielleicht ein Restrisiko für Airlines – reicht ein Verweis auf das Unwetter allein nicht. Die Fluggesellschaft muss auch nachweisen, alles Zumutbare versucht zu haben, um die Auswirkungen zu begrenzen. Am Ende bleibt es nun am Gericht in Österreich, die konkrete Sorgfalt der Airline zu bewerten. Ist so ein Fall nun Gerechtigkeit – oder ein weiterer Bürokratie-Knoten im europaweiten Fluggastrecht? Eine gewisse Unsicherheit für Passagiere und Fluggesellschaften bleibt.

Der EuGH hat mit seinem Urteil klargestellt, dass ein Blitzeinschlag – anders als z.B. Verspätungen durch technische Defekte oder Streiks – als außergewöhnlicher Umstand gelten kann, der den Anspruch auf Entschädigungszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung entfallen lässt, sofern die Airline alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat. Tatsächlich nimmt die Zahl der durch extreme Wetterereignisse hervorgerufenen Flugausfälle zu, wie verschiedene Medien berichten. Nach Angaben der Europäischen Agentur für Flugsicherheit haben sich in den vergangenen Jahren außergewöhnliche Vorkommnisse wie Blitzeinschläge, Starkregen oder starke Winde messbar gehäuft, was Gerichte zunehmend vor die Frage stellt, wann Verzögerungen tatsächlich unvermeidlich waren und welche Sorgfaltsstandards man von einer Fluggesellschaft erwarten kann. Laut FAZ sind viele Airlines unsicher, wie sie im konkreten Fall Nachweise führen sollen, insbesondere da die Anforderungen je nach Land unterschiedlich interpretiert werden Quelle: FAZ. Die Süddeutsche Zeitung weist darauf hin, dass das Urteil für mehr Rechtssicherheit sorgen könnte, gleichzeitig aber neue Rechtsstreitigkeiten denkbar sind, etwa, wie schnell und gründlich Airlines nach solchen Zwischenfällen handeln müssen Quelle: Süddeutsche. Bei t3n.de wurde ergänzend berichtet, dass Dienstleister wie Airhelp seit Jahren ein wachsendes Geschäft mit Fluggast-Ansprüchen machen und das EuGH-Urteil auch deren Vorgehen beeinflussen könnte Quelle: t3n.de.

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Ein Artikel auf faz.net schildert ausführlich die Unsicherheit vieler Fluggesellschaften, wie sie den Nachweis über zumutbare Maßnahmen nach außergewöhnlichen Umweltereignissen erbringen sollen, da hierfür bislang keine einheitlichen Standards in Europa existieren. Trotz des Urteils des EuGH bestehen weiterhin viele offene Fragen bezüglich nationaler Umsetzungen und eventueller Nachweispflichten, was Airlines zu zusätzlicher Dokumentation und zu mehr Bürokratie zwingt. Einige Branchenexperten warnen daher vor einem Flickenteppich juristischer Lösungen und fordern eine klare Regulierung auf EU-Ebene Quelle: FAZ.

Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung wurde das EuGH-Urteil von Verbraucherschützern zunächst begrüßt, es löse aber nicht alle Probleme und könne sogar dazu führen, dass Airlines künftig noch akribischer dokumentieren müssen, wie und warum sie Flüge bei außergewöhnlichen Umständen verzögern oder annullieren. Das Urteil könnte daher zu längeren Streitigkeiten über Detailfragen führen, etwa zu den Abläufen nach Vorfällen wie Blitzeinschlägen oder stürmischem Wetter. Der Artikel gibt zudem Einblick in ähnliche Fälle aus jüngerer Vergangenheit und zeigt, wie unterschiedlich Gerichte die Verantwortung der Airlines bewertet haben Quelle: Süddeutsche.

t3n.de analysiert die wachsende Rolle von Legal-Tech-Dienstleistern wie Airhelp, die Ansprüche von Passagieren bündeln und einklagen. Durch das Urteil könnten sie nun gezwungen sein, ihre Kommunikation und Prozesse anzupassen, da Airlines künftig öfter Ausnahmeregelungen für Zahlungen beanspruchen können. Der Beitrag beleuchtet zudem das wirtschaftliche Potenzial sogenannter Fluggastportale und die zunehmende Verrechtlichung alltäglicher Reiseprobleme Quelle: t3n.de.

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