Laut einem noch unveröffentlichten Entwurf, über den das "Handelsblatt" nach eigenen Angaben in seiner Dienstagausgabe berichtet, scheint die EU-Kommission ernsthaft zu planen, den Zollsatz für Stahleinfuhren außerhalb festgelegter Quoten auf 50 Prozent zu erhöhen. Hintergrund sind zum einen die jüngst verschärfte Marktabriegelung in den USA und zum anderen der zunehmende Druck durch billige Stahlprodukte aus China – eine Art Domino-Effekt auf dem Weltmarkt.
In dem Papier steht explizit, dass ein solcher Schritt im Vergleich zu anderen internationalen Maßnahmen "angemessen erscheint", um Verschiebungen im globalen Handel zu unterbinden. Gemeint ist damit, dass Stahl, der andernorts nicht mehr abgesetzt werden kann, plötzlich nach Europa drängt.
Zusätzlich will die Kommission wohl die Mengen, die ohne Aufschläge eingeführt werden können, neu justieren – pro Produktart und wohl auch dynamisch je nach politischer Großwetterlage. Im Raum steht eine Obergrenze bei den Einfuhren: Ab 18 Millionen Tonnen Stahl jährlich wäre Schluss (jedenfalls nach aktueller Lesart). Das entspricht halb so viel wie 2013.
Momentan liegt der EU-Schutzzoll noch bei 25 Prozent. Eingeführt 2018, quasi als Gegenstück zu den damals vom damaligen US-Präsidenten Trump verhängten Strafzöllen. Diese Regelung läuft laut WTO-Vorgaben allerdings nur bis Mitte 2026. Zuletzt verpuffte die Wirkung dieser Zölle, nicht zuletzt, weil zollfreie Kontingente mehrfach angepasst und meist erhöht wurden. Die Zeit drängt also für die Kommission, will sie neue Spielregeln setzen.
Mit der geplanten massiven Anhebung der Schutzzölle auf Stahl will die EU, so geht aus neuen Berichten hervor, einen doppelten Kurs einschlagen: Einerseits will sie sich angesichts US-amerikanischer und chinesischer Abschottungspraktiken selbst stärker wappnen, andererseits die Einfuhren insgesamt streng deckeln. Bemerkenswert ist nicht nur der Sprung auf 50 Prozent, sondern auch die geplante Halbierung der zulässigen Stahlimporte im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2013 – ein radikaler Schritt. Entscheidungsdruck entsteht zudem durch das nahende Ende der bisherigen Schutzmaßnahmen im Sommer 2026: Bis dahin müssen neue Leitlinien stehen, die dem Spagat zwischen internationalem Recht und den wirtschaftlichen Interessen der europäischen Stahlbranche gerecht werden.
Laut aktueller, öffentlicher Berichte (z. B. auf taz.de, spiegel.de und faz.net) gibt es in der europäischen Politik und Industrie teils Zustimmung, teils Skepsis gegenüber solchen Zollmaßnahmen – einerseits gelten sie als zwingend notwendig zur Abwehr von "Marktverwerfungen", andererseits befürchten Experten Nachteile für weiterverarbeitende Zweige und wachsende Spannungen im Welthandel. Die Debatte deutet darauf hin, dass Brüssels Pläne einer harten Probe unterzogen werden dürften und die genaue Ausgestaltung der Quoten, Zölle und Übergangsregelungen wohl noch heftige politische Auseinandersetzungen nach sich ziehen wird.