Jobcenter-Mitarbeiter wünschen sich strengere Sanktionsmöglichkeiten beim Bürgergeld

Laut einer aktuellen IAB-Studie ist eine Mehrheit der Beschäftigten in den Jobcentern für umfangreichere Leistungskürzungen, um Bürgergeld-Empfänger zur Mitwirkung zu bewegen.

22.09.25 12:05 Uhr | 48 mal gelesen

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) veröffentlichte am Montag eine Untersuchung, die zeigt, dass zwei Drittel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Jobcentern höhere Sanktionen gegenüber Bürgergeld-Beziehenden befürworten. 23 Prozent der Befragten wünschen sich sogar eine mögliche Kürzung des Regelbedarfs um bis zu 100 Prozent, wobei die Mietzahlungen unangetastet bleiben. Rund ein Drittel (33 Prozent) hält Einschnitte zwischen zehn und 30 Prozent für angemessen. Etwa zehn Prozent der Jobcenter-Mitarbeiter plädieren für eine darüber hinausgehende Verschärfung, während ebenso viele für mildere Strafen als im aktuellen Gesetz vorgesehen sind, eintreten. Nur fünf Prozent sprechen sich vollständig gegen Sanktionen aus. Zugleich meinen mehr als zwei Drittel der Beschäftigten, die Hürden einer 100-Prozent-Kürzung seien im Alltag kaum umsetzbar. Rund 30 Prozent sehen zudem das Risiko, dass solche harten Maßnahmen das Vertrauensverhältnis zu den Ratsuchenden belasten und damit die Vermittlungsarbeit erschweren können. Laut IAB-Forscherin Sarah Bernhard kann fehlendes Vertrauen die gesetzlich vorgeschriebene Eingliederungsarbeit gefährden. Während der Gesetzgeber sich von strengeren Sanktionen Einsparungen im Bundeshaushalt erhofft, gaben im Schnitt 42 Prozent der Beschäftigten an, dass die Effekte zwiespältig seien. Gerade Rechtsmittelverfahren nach Sanktionen verursachen aus ihrer Sicht neue Kosten. Die Geschäftsleitenden in den Jobcentern zeigen sich noch skeptischer: 60 Prozent halten erhoffte Einsparungen für nicht realistisch.

Die aktuelle Diskussion zu Sanktionsmöglichkeiten im Bürgergeld ist hochaktuell, da die Bundesregierung und die Bundesagentur für Arbeit vor Herausforderungen stehen: Während das IAB aufzeigt, dass Mitarbeiter strengere Sanktionen fordern, stehen diese Forderungen in Spannung zu den Zielen sozialer Teilhabe und Integrationsförderung. In den letzten Tagen berichteten Medien über steigende Antragszahlen, politische Debatten um die Wirksamkeit der Sanktionen und Forderungen, die Verwaltungskosten besser zu evaluieren. Experten betonen, dass Kürzungen zwar als Druckmittel eingesetzt werden können, aber langfristig das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitslosen und den Jobcentern und die damit verbundene erfolgreiche Vermittlung schädigen könnten. Zeitgleich wird diskutiert, wie alternative Maßnahmen zur Aktivierung und Motivation der Leistungsbeziehenden beitragen können – etwa durch gezieltere Beratung, Weiterbildung und psychosoziale Unterstützung.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

Die Süddeutsche Zeitung analysierte am Wochenende die soziale und finanzielle Belastungssituation vieler Bürgergeld-Empfänger und stellte fest, dass die Diskussion um Sanktionen das soziale Klima verschärft; sie beleuchtete zudem, wie Jobcenter versuchen, Beratung und Kontrolle besser in Einklang zu bringen. Quelle: Süddeutsche Zeitung

Die Zeit berichtete ausführlich über neue Daten zur Entwicklung des Arbeitsmarktes nach Einführung des Bürgergelds und untersuchte, wie sich die Sanktionsdebatte auf die Motivation langzeitarbeitsloser Menschen auswirkt; die Redaktion hob heraus, dass vermehrt Widersprüche und Klagen die Bürokratie belasten. Quelle: Die Zeit

Das Magazin Spiegel widmete sich der Perspektive der Jobcenter-Leitung und warnte vor überhöhten Erwartungen an Sanktionen: Die Autoren betonten, dass bereits bestehende Kürzungsmöglichkeiten oft ausreichen, und forderten politikseitig mehr Investitionen in Qualifizierung Maßnahmen. Quelle: Der Spiegel

Schlagwort aus diesem Artikel