"Es dürfte niemanden ruhig schlafen lassen, was die BBSR jetzt präsentiert hat", findet Andreas Müller vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), der sich auch bei der Allianz Freie Wärme engagiert. Die neue Analyse legt offen, was bisher oft geahnt wurde: Bei den Wärmeplänen wird in vielen Kommunen improvisiert, der Pragmatismus regiert – auf Kosten der Genauigkeit. Methoden, Datenlagen, sogar die gewählten Zieljahre schwanken vielerorts, sodass kein bundesweiter roter Faden erkennbar ist. Im Grunde, so Müller, plant man aneinander vorbei – mit der Gefahr, dass Investitionen zu Lasten der Bürger am Ende ins Leere laufen.
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat 342 Wärmepläne, vor allem aus Baden-Württemberg, auf Herz und Nieren geprüft. Die Ergebnisse sprechen Bände: Unterschiedliche Annahmen zum Energiebedarf und der Geschwindigkeit der Gebäudesanierung führen zu stark abweichenden Ergebnissen, während die eigentliche Herausforderung – der vollständige Umbau der Versorgungsinfrastruktur bis spätestens 2045 – unter Zeitdruck gerät. Viele Kommunen rechnen zum Beispiel mit Sanierungsraten, die die Realität deutlich übersteigen; ein zweiprozentiges Tempo wäre doppelt so hoch wie derzeit realistisch. Das birgt die Gefahr, die Wärmebedarfe und damit die Dimension der künftigen Netze und Erzeugungsanlagen massiv zu unterschätzen.
Ein weiteres Problem: Zentrale Wärmenetze werden fast reflexartig als Heilsbringer behandelt, während dezentrale Alternativen wie moderne Wärmepumpen, Biomasse oder hybride Heizungslösungen zu kurz kommen. "Wir brauchen Vielfalt und Flexibilität in den Lösungen", sagt Müller, denn nicht jedes Quartier oder jeder Gebäudebestand lassen sich über einen Kamm scheren.
Erschwerend kommt hinzu: Das Ganze hängt am Flaschenhals Fachkräftemangel, Genehmigungsverfahren und heftig steigendem Investitionsbedarf, sei es für Gebäudemodernisierung, Netze oder Speicher. "Das Gesetz mag verschiedene saubere Heiztechnologien vorsehen – doch um die Sache wirklich voranzubringen, müssen die Menschen investieren wollen. Dafür braucht es praktische Standards, ehrlichere Zeitpläne und planbare Förderung, und vor allem: endlich realistische Wärmepläne, die sich an den tatsächlichen Möglichkeiten vor Ort orientieren", bilanziert Müller. Ein Appell, jetzt zu handeln – und nicht bloß zu planen.
Weitere Informationen: Download der BBSR-Basisstudie und der Allianz Freie Wärme zum Kurzleitfaden Kommunale Wärmeplanung sind online abrufbar.
Die BBSR-Grundlagenstudie offenbart gravierende Schwächen in der bisherigen kommunalen Wärmeplanung, insbesondere was die Vergleichbarkeit, Transparenz und realistische Einschätzung des tatsächlichen Wärmebedarfs betrifft. In Folge drohen Fehlinvestitionen, da viele Pläne auf optimistischen – oder schlichtweg unrealistischen – Annahmen zur Gebäudesanierung und Energienutzung beruhen. Ein weiteres Risiko sahen Experten in der mangelnden Berücksichtigung dezentraler Technologien abseits klassischer Wärmenetze sowie in den engen personellen und finanziellen Ressourcen, die den Umbau bremsen. In den letzten 48 Stunden griffen unterschiedliche Medien diese Schwächen auf und fokussierten insbesondere auf die schleppende Umsetzung der Wärmewende, den weiterhin schleierhaften Status vieler kommunaler Projekte sowie die Notwendigkeit, die Menschen aktiv an der Transformation zu beteiligen. Daneben berichten aktuelle Beiträge über die Diskussion zur finanziellen Unterstützung der Bürger, den fortwährenden Fachkräftemangel in den Handwerksberufen, sowie die Unwägbarkeit politischer Zielsetzungen angesichts wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Unsicherheiten.