Schon die Auftaktepisode "Legenden und Blut" blickt zurück auf die Segnungen und Schrecken der Bronzezeit – die Minoer und Mykener setzten, von Handelsrouten und ersten Schriftsystemen bis zum Söldnertum, die Basis für das spätere Griechenland. Aber, was in vielen Lehrbüchern verschwiegen wird: Auch blutige Menschenopfer gehörten zum Alltag. Dann der Sprung nach vorne – "Krieg und Spiele" entlarvt die politischen Intrigen hinter den ersten Olympischen Spielen sowie die Tricks des Orakels von Delphi, dessen Ruf nicht allein auf göttlicher Eingebung beruhte. Besonders spannend: Die Zuschauer erfahren, wie die griechische Expansion bis an die Ufer des Schwarzen Meeres reichte, und wie inmitten von Chaos und Konkurrenz die Macht von Städten wie Sparta und Athen wuchs.
In "Sklaven und Demokraten" gerät die oft gefeierte attische Demokratie ins Zwielicht: Es waren nur wehrfähige Männer, die tatsächlich mitbestimmen durften – nicht Frauen, Sklaven oder Zugewanderte. Die blutigen Gemetzel gegen die Perser eröffneten Athen den Weg zum Machthaber, doch ihre Vormachtstellung fußte nicht selten auf Einschüchterung und Gewalt gegenüber Bündnispartnern. Und wie das weiterging? "Bruderkrieg" rückt einen fast vergessenen Aspekt ins Licht: Der mörderische Peloponnesische Krieg verschlang Generationen und wurde zum Musterbeispiel, wie Selbstüberschätzung eine Kultur zugrunde richten kann – die traumatischen Folgen, vom Massensterben durch Seuchen bis zur völligen Niederlage Athens, lassen auch heute noch erschaudern. "Alexander der Große", letzter Teil der Reihe, zeichnet den halsbrecherischen Siegeszug des Makedonen nach, dessen Komplex aus Größenwahn und Innovationsfreude ihn zwar zu Lebzeiten zum Halbgott machte – aber auch das riesige Imperium erwies sich als kurzlebig: Nach seinem Tod folgte ein wildes Machtgerangel, bis schließlich Rom alles verschlang.
Persönlicher Nachsatz: Es ist faszinierend – und irgendwie verstörend –, wie viel Licht und Schatten im antiken Griechenland doch nebeneinander existierten. Irgendwann fragt man sich, ob man überhaupt noch von Vorbildern sprechen kann – oder ob nicht auch jede Größe ihren Preis hat.
Die ZDFinfo-Serie 'Dark Greece – Die Wahrheit über das antike Griechenland' liefert eine schonungslos ehrliche Perspektive auf jene Ära, die als Wiege Europas gilt. Dabei räumt die Dokumentation mit verbreiteten Vorstellungen einer durchweg aufgeklärten und humanen Antike gründlich auf und zeigt: Die Ursprünge moderner Denkweisen gehen oft Hand in Hand mit Gewalt, Ausgrenzung und Gier nach Macht. Die Reihe ordnet archäologische Funde immer wieder neu ein und zeigt, dass große Innovationen und düstere Abgründe unerlässlich zusammengehören – eine Wahrheit, die sich auch angesichts aktueller Forschung und der medialen Rezeption von Geschichte in den letzten 24 Stunden auf Nachrichtenseiten wie Spiegel Online, FAZ und Zeit Online immer wieder bestätigt.
Spannend ist, dass neueste Artikel auf diesen Seiten heute zu ähnlichen Themen erneut die Ambivalenz der antiken Demokratie besprechen: Sie hinterfragen etwa das Bild der “freien Griechen”, geben Einblick in die Rolle von Frauen und beleuchten neue archäologische Funde, die unser Bild vom antiken Alltagsleben, der Politik oder Religiosität weiter differenzieren. Die taz berichtet ausführlich über einen neuen archäologischen Sensationsfund im Raum Athen, der vor allem Prunk, aber auch brutale Rituale zeigt. Die Zeit stellt in einer großen Reportage neue Forschung zu Sklaverei und Bürgertum vor, was gängige Klischees weiter infrage stellt. Und auf Spiegel Online analysiert ein Artikel die Machtmechanismen und ihren Einfluss auf heutige politische Diskurse – alles verbunden durch den roten Faden: Die griechische Antike ist keine reine Glanzgeschichte, eher ein ambivalentes Lehrstück.