Özdemir mahnt Grüne zur Selbstreflexion – Gegen das Image der Besserwisser

Cem Özdemir, Spitzenkandidat der Grünen in Baden-Württemberg, ruft seine Partei dazu auf, sich selbst zu hinterfragen – und warnt vor der Gefahr, als Besserwisser dazustehen.

20.11.25 11:42 Uhr | 27 mal gelesen

„Schon komisch, dass uns Grünen immer noch nachgesagt wird, wir müssten die Leute ständig belehren oder hätten auf alles die einzig richtige Antwort“, gibt Cem Özdemir ehrlich zu. In einem Gespräch mit der ZEIT betont er: Die Partei müsse sich überlegen, woran dieses Image liegt – und was sie selbst dazu beiträgt. Wohlgemerkt: Seinem Landesverband traut er da oft mehr Gelassenheit zu, fast schon einen pragmatischen, nahbaren Kurs. Man wolle dort eben nicht – ich formuliere mal überspitzt – jedem das Soja-Müsli aufzwingen, sondern mit den Menschen gemeinsam verändern. Özdemir selbst tritt am 8. März zur Landtagswahl in Baden-Württemberg an. Er blickt auf einige Ministerjahre zurück: Landwirtschaft, Bildung – und beobachtete dabei, wie sich andere Regierungsmitglieder aus der Ampel nach harten Zeiten ganz schön „gerupft“ fühlten. Ihm sei das laut eigener Aussage – vermutlich typisch schwäbisch – besser gelungen. Seine Begründung ist interessant: In Baden-Württemberg schwingt ein Gespür für die Wirtschaft mit, das ihm half, Bodenhaftung zu behalten. Was die Klimapolitik angeht, bleibt Özdemir dabei: Es bringe nichts, einfach nur immer mehr zu fordern – am Ende zählt die Zustimmung der Menschen. Oder anders gesagt: Klimaschutz funktioniert nur, wenn die Leute mitgehen.

Özdemir verlangt von den Grünen mehr Selbstkritik hinsichtlich ihres belehrenden Rufs und sieht den Südwestverband auf einem guten Weg hin zu mehr Dialogfähigkeit. Die Verbindung von Klimaschutz und Akzeptanz in der Gesellschaft hebt er als entscheidend hervor: Ohne breite Zustimmung lassen sich die dringend nötigen Veränderungen kaum verwirklichen. Im aktuellen Wahlkampf – aber auch davor, in seiner Rolle als Minister – hebt Özdemir das Bewusstsein für wirtschaftliche Realitäten als einen Schlüssel zur politischen Glaubwürdigkeit hervor. Die öffentliche Debatte um die Zustimmung zu Klimaschutzmaßnahmen ist wieder neu entfacht, befeuert durch Proteste und kritische Stimmen aus der Bevölkerung. Währenddessen versucht Özdemir, eine Brücke zwischen ehrgeizigen Klimazielen und den Bedürfnissen des Mittelstandes zu schlagen – eine Gratwanderung, die insbesondere in Baden-Württemberg entscheidend sein könnte. Laut mehreren aktuellen Medienberichten fordern führende Grüne jetzt vermehrt mehr Bürgernähe, um drohenden Stimmenverlust bei kommenden Wahlen abzuwenden.

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