Es klingt ein wenig wie ein Stoßseufzer, als Peer Steinbrück der 'Süddeutschen Zeitung' erzählt, dass die SPD nach wie vor nicht so recht wisse, wohin sie eigentlich will. Ganz im Sinne von Willy Brandt, der einmal forderte, man müsse immer wieder neue, zeitgemäße Antworten finden, gehe die SPD dem Zeitgeist nur noch hinterher. Viele in der Partei täten so, als könne man die Partei einfach weiterentwickeln, indem man verschiedene Einzelinteressen zusammenwürfelt – etwa beim Thema Cannabisfreigabe, Namensrecht oder der Identitätspolitik. Doch Steinbrück hält diese Idee für eine politische Sackgasse.
Die breite Bevölkerung, so seine Einschätzung, messe solchen Randthemen keinen wirklichen Wert bei, wenn es um Wahlentscheidungen gehe. Die große Stärke der SPD habe immer darin bestanden, einerseits für soziale Gerechtigkeit zu streiten und andererseits wirtschaftlichen und technologischen Sachverstand mitzudenken. Was fehle, werde mit politischer Selbstfindung kaschiert. Steinbrück ärgert sich, dass viele politische Karrieren anscheinend vor allem darin bestehen, sich möglichst konform auf Parteitagen zu präsentieren. Der eigentliche Härtetest, meint Steinbrück, sei aber der Alltag draußen bei den Menschen – und nicht das Feilschen um innerparteiliche Harmonie.
Peer Steinbrück, vormals Bundesfinanzminister, wirft der SPD fehlende programmatische Ausrichtung und einen Fokus auf aus seiner Sicht zweitrangige Themen wie Identitätspolitik oder Cannabis vor. Nach seinem Verständnis müsste sich die SPD stattdessen stärker an den Bedürfnissen und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger orientieren und ihren traditionellen Spagat zwischen sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Kompetenz wiederfinden. Neuere Berichte etwa auf ze.tt, Spiegel Online und der Süddeutschen Zeitung bestätigen die aktuelle Identitätskrise der Partei – insbesondere nach den schwierigen Europawahlen 2024 und angesichts anhaltender Debatten um Kernthemen wie das Bürgergeld oder die Industriepolitik.