„Wir sollten keine Tabus beim Nachdenken haben“, betonte Rehlinger gegenüber der "Bild am Sonntag". Sie verweist auf das Ziel des Koalitionsvertrages, kleine und mittlere Einkommen zu entlasten und durch eine Reform der Unternehmenssteuern wirtschaftliche Impulse zu setzen. Für Rehlinger ist es aber auch wichtig, die Perspektive zu erweitern und eine Diskussion über höhere Beiträge von Personen mit hohem Einkommen oder großem Besitz zu führen. Dabei geht es ihr nicht um eine Neiddebatte, denn Leistung müsse sich weiterhin lohnen. Doch wer besonders viel profitiere, solle in angemessenem Maße auch mehr zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. Rehlinger denkt dabei explizit an Anpassungen bei der Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuer für sehr reiche Personen. Im internationalen Vergleich würden Vermögen in Deutschland bisher relativ stark geschont. Besonders die Erbschaftssteuer ermögliche derzeit vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, die häufig zu niedrigen Steuerbelastungen führen. Sie betont, dass normale Eigenheime oder mittelständische Unternehmen von Verschärfungen nicht betroffen sein sollen, sondern es um erhebliche Vermögensverschiebungen gehe. Eine ehrliche Auseinandersetzung über eine gerechtere Ausgestaltung der Erbschaftssteuer sei daher notwendig.
Anke Rehlinger spricht sich klar für eine gerechtere Steuerpolitik aus, bei der Spitzenverdiener und sehr vermögende Bürger stärker zur Finanzierung staatlicher Aufgaben herangezogen werden. Dies schließt mögliche Reformen bei Einkommensteuer, Vermögenssteuer und insbesondere der Erbschaftssteuer ein, wobei Geringverdiener und mittelständische Unternehmen entlastet bleiben sollen. Die Diskussion um eine effizientere Besteuerung großer Vermögen wird auch durch neue Zahlen des DIW und aktuelle OECD-Vergleiche befeuert, wonach Deutschland im europäischen Vergleich besonders niedrige Steuern auf Vermögen erhebt. Gerade im Zuge wachsender Haushaltsdefizite und der Notwendigkeit zur Finanzierung von Investitionen setzen sich auch innerhalb der EU einige Länder für eine höhere Besteuerung von Wohlhabenden ein. Parallel dazu macht die Ampelkoalition laut aktuellen Medienberichten weiterhin Fortschritte bei der geplanten Unternehmensteuerreform, um kleine und mittlere Betriebe zu stützen sowie Arbeitsplätze zu sichern, was jedoch nicht im Widerspruch zu höheren Abgaben für Spitzenverdiener stehen muss.