Christian Schuchardt, Geschäftsführer des Deutschen Städtetags, brachte kürzlich einen ziemlich weitreichenden Vorschlag auf den Tisch: Die Pflegeversicherung soll endlich zu einer echten Vollversicherung werden. "Ein Umbau zur Vollversicherung ist längst überfällig", betonte er gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwoch). Sein Argument ist einleuchtend: Viele Menschen, die ihr ganzes Leben geschuftet haben, rutschen wegen der immer weiter steigenden Pflegekosten trotzdem in die Sozialhilfe. Das sei nicht nur menschlich bedrückend, sondern auch eine Dauerbelastung für die kommunalen Kassen – immerhin über fünf Milliarden Euro könnten die Städte jedes Jahr sparen, wenn sie entlastet würden.
Bislang müssen die Sozialämter noch immer einspringen, wenn Pflegebedürftige und ihre Angehörigen die Kosten nicht stemmen können. Schuchardt sparte nicht mit Kritik an der Bundesregierung: Die Pflegekommission habe keinen echten Mut zu weitreichenden Reformen gezeigt. "Wir sehen, dass die Ämter der Städte immer mehr für die Pflege aufkommen – das ist eine schleichende Übernahme durch die Kommunen," so Schuchardt. Er sieht darin ein Alarmsignal, dem endlich Rechnung getragen werden müsse – sonst sei das System irgendwann nicht mehr zu halten.
Der Deutsche Städtetag setzt sich aktuell vehement dafür ein, dass die Pflegeversicherung in Deutschland künftig alle Pflegekosten übernimmt – bislang bleibt häufig ein (teils hoher) Eigenanteil zu zahlen, für den bei Bedarf die Sozialhilfe einspringt. Hauptgeschäftsführer Christian Schuchardt kritisiert, dass die Pflegekommission der Bundesregierung keine durchgreifenden Reformschritte beschlossen habe. Laut aktuellen Medienberichten verschärft sich die Lage, da viele Pflegebedürftige trotz eines langen Arbeitslebens mit ihren Renten die steigenden Pflegebeiträge nicht zahlen können (siehe auch Zahlen vom Statistischen Bundesamt). Die Städte werden damit immer stärker in die Pflicht genommen; mehrere Experten wie etwa der Sozialforscher Stefan Sell oder auch der Paritätische Gesamtverband betonen seit Jahren, dass das System ohne grundlegende Reformen an seine Grenzen stößt. Außerdem steigen die Eigenanteile laut Berechnungen weiter, während Reformen politisch blockiert sind.