Streit um Brandmauer zur AfD: Sozialpolitiker der CDU kritisiert eigene Partei

Dennis Radtke, Vorsitzender der CDU-Arbeitnehmer, kritisiert mit scharfen Worten die parteiinterne Debatte zur sogenannten Brandmauer gegenüber der AfD – und sieht die Probleme ganz woanders.

heute 11:04 Uhr | 56 mal gelesen

„Wer behauptet, die strikte Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der AfD sei mitverantwortlich für deren Aufstieg, irrt gewaltig“, warnt Dennis Radtke, Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, mit deutlicher Stimme im Gespräch mit Focus. Für ihn führt kein Weg daran vorbei: Nicht ein Aufweichen der Brandmauer bringe Fortschritt, sondern ein Überdenken der eigenen inhaltlichen Ausrichtung und der Art, wie über Politik gesprochen werde. Er hält fest: „Wenn CDU und SPD es nicht schaffen, die AfD aus der Mitte heraus kleinzuhalten, dann wird das auch nicht einfacher, wenn wir einer Partei, die mancherorts auf dem Boden der Verfassung wackelt, Verantwortung übertragen.“ Besonders den Strategiefehler eines Entschließungsantrags im Januar macht er mitverantwortlich für schwache Umfragewerte, obwohl der Zeitpunkt aus seiner Sicht günstig gewesen wäre. Statt Symbolpolitik fordert Radtke mehr Substanz. Er wirft der Bundesregierung Orientierungslosigkeit und handwerkliche Fehler vor. Und was viele bei den politischen Großdebatten vergessen: Für viele Menschen hat das Leben ganz profane Tücken. Viele schuften, ohne dass das Geld reicht. Und dann gibt es auch scheinbar surreale Aufreger, die in den Kaffeeküchen kursieren: Frust über Zwangsgebühren für den Rundfunk oder die Angst, aus Versehen statt Fleisch einen Veggie-Burger zu erwischen. Verrückt? Vielleicht, aber für etliche Leute eben real.

Im parteiinternen Streit um die sogenannte Brandmauer zur AfD schlägt Dennis Radtke, prominenter Vertreter des CDU-Sozialflügels, klare Töne an: Die Probleme der Union und auch der Koalition seien vor allem politisch-inhaltlicher Natur – nicht im Umgang mit der AfD. Laut Radtke liege das Versäumnis vor allem darin, den Menschen kein überzeugendes Leitbild und keine ausreichende Perspektive für alltägliche Sorgen zu vermitteln. Hinter den Kulissen läuft ohnehin eine rege Debatte quer durch alle Parteien, wie sie auf die steigende Zustimmung für die AfD, die auch auf eine Unzufriedenheit mit der Ampel-Koalition und gesellschaftliche Unsicherheiten zurückgeht, reagieren sollten. In aktuellen Medienberichten wird diese Dynamik noch verstärkt: Die Brandmauer bleibt ein umstrittenes Thema, vor allem angesichts der jüngsten Landeswahlergebnisse sowie der bevorstehenden Europawahl, bei der vor allem der Umgang mit Rechtspopulisten wahlentscheidend werden könnte. Der öffentliche Diskurs schwankt derzeit zwischen Forderungen nach klarer politischer Kante gegenüber der AfD und Stimmen, die meinen, die AfD könne durch Integration in politische Prozesse „gezähmt“ werden. Doch gerade aus dem Arbeitnehmerflügel der CDU kommt weiter Widerstand gegen jede Form von Annäherung – und der Hinweis, dass die Antwort auf die AfD nicht weniger, sondern mehr inhaltliche Klarheit und soziale Orientierung brauche.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

Ein Beitrag auf www.zeit.de beschäftigt sich mit dem Druck innerhalb der Union, im Umgang mit der AfD standhaft zu bleiben, nachdem mehrere ostdeutsche CDU-Politiker Gespräche mit der AfD nicht mehr ausschließen wollten; auch wird aufgezeigt, wie der Parteivorsitzende Merz mit Argumenten und Mahnungen versucht, die Debatte zu lenken und den Spagat zwischen Wahltaktik und Überzeugung zu schaffen (Quelle: Die Zeit).

Die Süddeutsche Zeitung analysiert die Strategien der Parteien im Superwahljahr: Während Unions-Spitzen darauf bestehen, keine Bündnisse mit der AfD einzugehen, wachsen zugleich parteiinterne Zweifel an der harten Linie; die Berichterstattung zeichnet nach, wie die Brandmauer im praktischen politischen Alltag in den Kommunen labil wird (Quelle: Süddeutsche Zeitung).

In der Frankfurter Allgemeinen wird ausführlich über die Entwicklungen im Vorfeld der Europawahl berichtet: Die gestiegene Zahl von Protestwählern, der anhaltende Streit um die Abgrenzung zur AfD und die Angst vieler Parteien davor, das Thema zu verschlafen, seien zentrale Motive für einen harten, teils nervösen Wahlkampf – und für schwierige Debatten innerhalb der Demokraten (Quelle: FAZ).

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