Als hätte sich die Finanzwelt mal wieder kollektiv am Kopf gekratzt: Nach dem Börsenrumpeln im April begannen viele Kapitalanleger ihre Portfolios umzuschichten – auf Nummer sicher, möglichst dollarstark. Kunal Shah von Goldman Sachs sprach offen davon, dass sich die Absicherungsgeschäfte gegen den Dollar nach dem Trubel Ende April fast überschlagen hätten; jetzt aber, etwa seit Mitte Mai, flaut dieser Trend schon wieder ab. Bemerkenswert sei laut Shah die robuste Wirtschaft in den USA, die dem Leitindex S&P 500 gerade wegen des Booms rund um Künstliche Intelligenz frische Rekorde beschert hat. In den Staaten hätten Investoren inzwischen auch das Gefühl, politischen Schwankungen besser begegnen zu können.
Was Europa angeht, bleibt das Gefühl, dass hier zwar Diversifikation gewünscht, aber die Umsetzung – na ja – schwierig ist. Unter anderem, weil Risiken und Unsicherheiten, wie jetzt das politische Durcheinander in Frankreich, die Attraktivität dämpfen. Wer will sein Geld schon dort parken, wo morgen alles Kopf stehen könnte? Deutschland wiederum hält zwar mit großen Plänen für Rüstung und Infrastruktur gegen – aber solange keiner so recht weiß, wie das private Geld einfließen könnte, bleibt es beim Warten. Letztlich schieben Investoren ihre Entscheidungen vor allem dann vor sich her, wenn sie die Spielregeln nicht klar erkennen.
Zusammengefasst kippt die Investmentstimmung aktuell klar in Richtung USA, während Europas Märkte durch politische Krisen, fehlende Reformen und Unsicherheiten an Zugkraft verlieren. Besonders der KI-Hype zieht Anleger transatlantisch an, während die Eurozone mit innenpolitischen Baustellen zu kämpfen hat. Dennoch gibt es auch Stimmen, die Europa nicht abschreiben wollen: Ökonom:innen sehen grundsätzlich Potenzial insbesondere im Bereich nachhaltiger Transformation sowie Digitalisierung, allerdings blockieren vage Investitionsbedingungen und politische Hemmschwellen das große Geld. Neuere Berichte zeigen außerdem, dass Unsicherheit über die Wahlen in Frankreich, Italiens Teuerungsraten sowie Deutschlands Haushaltspläne weltweit registriert werden und die Marktvolatilität kurzfristig befeuern. In den USA hingegen sorgen die absehbare Wahl zwischen Biden und Trump für eine „planbare Unsicherheit“, die Investoren offenbar besser einpreisen können, als etwa die europäischen Dynamiken.