Wellen der Kritik in der Autoindustrie: Streit um Schuld an Nexperia-Lieferengpass

Anschuldigungen aus der Politik, die deutsche Autoindustrie habe aus vergangenen Krisen zu wenig gelernt, sorgen beim Branchenverband für Zorn – dabei sieht sich die Industrie viel besser vorbereitet, als Ministerin Reiche unterstellt.

heute 07:56 Uhr | 18 mal gelesen

Mal ehrlich: Es klingt fast grotesk, wie der Schuh nun wieder auf die andere Seite geschoben wird. Während Hildegard Müller, die Chefin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), bekräftigt, ihre Branche habe nach Corona und dem Chip-Schock alles Menschenmögliche getan, um Lieferprobleme künftig zu vermeiden, kommt von Ministerin Katherina Reiche ein ernüchterndes 'selbst schuld'-Statement. Die Bundesregierung nehme die Unternehmen in die Pflicht – und wirft ihnen offen vor, immer noch zu sehr auf wackelige Single-Source-Lieferanten zu setzen. Müller widerspricht energisch: Die Selbstkritik sei unangebracht, mehrfache Krisen hätten die Autohersteller zum Umdenken gezwungen. Allerdings, und das klingt fast nach einem Stoßseufzer, könnten Lager vielleicht kurzfristig helfen, aber im globalen Chip-Engpass helfe nur noch politische Diplomatie. Parallel bereitet Reiches Ministerium ein Lieferkettenmonitoring für wichtige Industriezweige vor – klingt sinnvoll, wenn da nicht das eine Problem wäre: Geld für die Umsetzung fehlt noch. Ein klassischer Fall von Anspruch und Wirklichkeit, und die Debatte um Schuld und Verantwortung bleibt zwischen den Zeilen hängen. Es wirkt ein bisschen wie ein Spiel auf Zeit.

Im Zentrum der Debatte steht die Frage, wie viel Verantwortung die deutsche Autoindustrie für Engpässe wie bei Nexperia trägt – und wie weit die Politik dabei eigentlich helfen kann. Während Branchenkritik und politische Forderungen sich gegenseitig den Ball zuspielen, bleibt die Unsicherheit: Wie robust sind Lieferketten trotz aller Bemühungen tatsächlich? Neuere Recherchen zeigen zudem, dass auch andere Branchen Schwierigkeiten haben, alternative Lieferanten für kritische Vorprodukte zügig zu erschließen, da geopolitische Risiken und Preissprünge die Selektionsmöglichkeiten weiterhin stark einschränken. Die Diskussion über eine eigenständige europäische Chip-Produktion und strategische Rohstoffreserven Flammt wieder auf, doch selbst große Investitionen – wie jüngst in Sachsen und Magdeburg – benötigen Jahre, bevor sie sich in verbesserter Versorgungslage bemerkbar machen. Parallel berichten Medien, dass das Bundeswirtschaftsministerium die nötigen Ressourcen für ein engmaschiges Lieferkettenmonitoring aktuell nicht bereitstellen kann, was die Wirksamkeit neuer Kontrollmaßnahmen in Frage stellt.

Schlagwort aus diesem Artikel