Manchmal ist es, als hätte eine Mauer plötzlich ihre Patina gewechselt: Nach außen bleibt erst einmal alles beim Alten – Beiträge auf X, Debatten, dazwischen, ja, Hass. Doch wer hinter die Kulissen schaut, entdeckt eine stille Verschiebung. Laut einer neuen Untersuchung des BKA, über die der 'Spiegel' berichtet hat, händigt X inzwischen nur noch einen Bruchteil der angeforderten Nutzerdaten in Hatespeech-Verfahren aus. Früher, also noch zu Jahresbeginn 2024, landeten bei der Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte (ZMI) des BKA in mehr als 80 Prozent der Fälle die gewünschten Infos auf dem Schreibtisch.
Seitdem aber, im Erhebungszeitraum zwischen Anfang April und Ende Mai 2025, sank die Antwortquote laut Behördenauswertung dramatisch – etwa nur jede dritte Datenanfrage wurde überhaupt beantwortet. Für viele Ermittlungen bedeutet das schlichtweg das Aus: Ohne Identifizierungsmöglichkeiten geraten Verfahren ins Stocken oder versanden gleich vollständig.
Der Fokus der ZMI liegt auf Fällen wie Volksverhetzung, Angriffen auf Politiker und der Verbreitung verbotener Kennzeichen. Insgesamt wurden innerhalb dieses Zeitraums 700 Anfragen zu Beiträgen von X gestellt, jeweils mit Anfangsverdacht – aber eben häufig vergeblich. Musk und sein Team reagierten laut 'Spiegel' bislang gar nicht auf Nachfragen der deutschen Behörden. Man könnte fast meinen, hier tobt längst ein stiller Kampf: Plattformfreiheit versus Rechtsdurchsetzung. Wie das endet? Wer weiß das schon.
Teilweise wirkt es fast wie eine Machtprobe zwischen Musk und dem deutschen Rechtsstaat: Während X weiterhin eine der wichtigsten Arenen für gesellschaftliche Auseinandersetzungen bleibt, klagen die Behörden inzwischen über erhebliche Behinderungen bei ihren Ermittlungsarbeiten. Besonders brisant: Ermittlungen wegen Hasskriminalität – etwa wenn gegen Volksverhetzung, Diffamierung oder das Zeigen verbotener Symbole vorgegangen werden muss – können oft nicht abgeschlossen werden, weil X die nötigen Nutzerdaten nicht mehr herausgibt. Diese Handlungsmuster stehen laut BKA-Analyse durchaus in Kontrast zu anderen Plattformen, die weiterhin kooperativer agieren.
Jetzt, im Juni 2024, hat neben dem BKA auch die Bundesjustizministerin strengere Maßnahmen gegen Internetplattformen gefordert, die sich Ermittlungen entziehen. Diskutiert werden höhere Bußgelder, verschärfte Kooperationserfordernisse und notfalls sogar Zugangsbeschränkungen. Dabei stellt sich die Frage, ob und wie amerikanische Unternehmen langfristig dazu bewegt werden können, deutsches Recht auch dann zu respektieren, wenn Profitinteressen dagegenstehen. Einige Analysten befürchten, dass X unter Musk bewusst auf Konfrontation setzt, um juristische Präzedenzfälle zu schaffen – auch auf die Gefahr hin, sein Geschäft in Deutschland zu gefährden.