Zwist um Weltbank-Finanzierung für Atomkraft: Koalition zankt öffentlich

Innerhalb der Ampelkoalition flammt Streit über die Haltung Deutschlands zur internationalen Kernkraft-Finanzierung durch die Weltbank auf.

heute 13:42 Uhr | 24 mal gelesen

Die Frage, ob Deutschland die Förderung von Atomkraftwerken durch die Weltbank unterstützt, hat für ordentlich dicke Luft in der Koalition gesorgt. Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) machte unmissverständlich klar, dass von Deutschland kein Ja zur Finanzierung von Kernenergieprojekten durch internationale Entwicklungsbanken kommen wird. Diese Festlegung stieß beim Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Entwicklung, Wolfgang Stefinger (CSU), auf Kopfschütteln. Stefinger bringt die Energieknappheit in Afrika ins Spiel: Rund 626 Millionen Afrikaner hätten derzeit keinen Strom, und für 2030 prophezeit er eine noch düsterere Bilanz. Seiner Ansicht nach müsse es gerade in solchen Regionen erlaubt sein, bei der Energieversorgung auf einen breiten Mix zu setzen – auch auf Kernkraft. Das BMZ beruft sich hingegen auf „mangelnde Wirtschaftlichkeit“ und eine weitgehend ablehnende Grundhaltung gegenüber Nuklearenergie. Die Bundesregierung wolle ihren Einfluss in den Gremien der Weltbank weiter dazu nutzen, um Atomkraftprojekte zu blockieren. Pikanterweise hatte die Weltbank erst vor einigen Monaten Kernkraft als förderfähigen Bereich grundsätzlich eröffnet – offenbar ganz im Sinne einiger afrikanischer Staaten. Stefinger findet, dass Deutschland gut daran täte, sich den Wünschen dieser Länder zumindest nicht blind zu widersetzen. Das Argument: Energiesouveränität sei ein Baustein von Entwicklung und Stabilität – und unter Umständen ein Werkzeug, um Migrationsdruck abzumildern. Dass die Grünen in einer Kleinen Anfrage das Thema Atomkraft zum Fokus machen, hält Stefinger für doppelzüngig: Da werde einerseits mit kolonialismuskritischen Tönen hantiert, heißt es, während man zugleich afrikanische Eigenständigkeit de facto einschränke. Ziemlich vereinfacht: Da klingt aus Stefingers Richtung der Vorwurf, Deutschland wolle anderen Ländern vorschreiben, was sie zu tun und lassen haben – zumindest im Bereich Energie.

Der anhaltende Streit rund um die Weltbank-Finanzierung von Atomkraft in Entwicklungsländern – insbesondere in Afrika – spiegelt die tieferliegenden Konfliktlinien deutscher Energiepolitik wider. Während die SPD-Ministerin strikt gegen eine deutsche Unterstützung für die nukleare Option votiert und sich dabei auf wirtschaftliche Zweifel sowie den deutschen Atomausstieg beruft, fordert CSU-Politiker Stefinger mehr Offenheit gegenüber den Wünschen der Empfängerländer und verweist auf die gravierenden Energieengpässe in Afrika. Recherchen zeigen, dass Deutschland mit seiner ablehnenden Haltung zur Atomkraft innerhalb Europas mittlerweile eher isoliert dasteht: Länder wie Frankreich forcieren ihren atomaren Ausbau, und die Weltbank hat explizit auf internationalen Druck hin ihre bisher restriktive Haltung zu Kernenergieprojekten gelockert. Laut einem aktuellen Artikel der "Zeit" gewinnen ökologische und geopolitische Aspekte in der Debatte an Gewicht, weil die weltweite Nachfrage nach verlässlicher Stromversorgung und klimafreundlicher Energiegewinnung in immer mehr Ländern zu einem Umdenken über den Energiemix führt. In afrikanischen Staaten, so berichtet die "FAZ", wächst der Wunsch, sich von westlichen Vorgaben zu lösen und eigene Wege in der Energiepolitik zu beschreiten, was auch internationale Entwicklungsprojekte wie die der Weltbank betrifft.

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