Einer Untersuchung der TU Darmstadt zufolge analysierten die Politikwissenschaftler Christian Stecker und Andreas Küpfer alle Bundestagsprotokolle seit 1976 mit insgesamt rund 190.000 Redebeiträgen. Ziel war es, das Applausverhalten der einzelnen Fraktionen nachzuvollziehen. Das Ergebnis: Die AfD applaudiert eigenen Rednern mit 5,38 Mal pro tausend Wörter am meisten, gefolgt von der Linken mit 4,23 Mal. Im Vergleich dazu klatschen Grüne (3,48), FDP (3,57), SPD (2,72) und Union (2,15) deutlich seltener für die eigenen Kollegen. Außerdem ergab die Studie, dass die FDP häufiger für die Union applaudiert als umgekehrt, während die Grünen eher den SPD-Rednern Beifall spenden. Die Linke zeigt Sympathie für die Grünen, bekommt jedoch weniger Applaus zurück. Bemerkenswert ist außerdem ein deutlicher Anstieg des Applauses kurz vor Bundestagswahlen, besonders 2017 – in jenem Jahr begannen Abgeordnete zunehmend, eigene Redenausschnitte im Internet zu teilen.
Die Applauskultur im Bundestag spiegelt laut TU Darmstadt sowohl politische Nähe als auch strategische Kommunikation wider. Besonders im Wahlkampf steigt die Zahl der Beifallsbekundungen, ein Trend, der mit der wachsenden Bedeutung von Social Media zusammenhängt. Neuere Entwicklungen zeigen, dass Fraktionen wie die AfD und die Linke gezielt Applaus auch zur Inszenierung in sozialen Netzwerken nutzen. Laut aktuellen Debatten in den Medien wird die Symbolik von Beifall zunehmend für parteipolitische Botschaften und zur Stärkung der eigenen Basis instrumentalisiert. In einem weiteren Kontext sind ähnliche Formen von Fraktionsapplaus auch in anderen europäischen Parlamenten zu beobachten, wo er ebenfalls der Selbstvergewisserung und Mobilisierung dient.