Lange galt KI in Chefetagen mehr als Modewort denn als echter Umwälzer – doch das Bild kippt langsam. Über zwei Drittel der befragten Unternehmen (73 Prozent) setzen KI aktuell nur in begrenztem Umfang ein, meist weniger als ein Drittel ihrer Abläufe sind automatisiert. Die meisten rechnen erst damit, dass tatsächlich Produktivität und Jobprofile verändert werden, wenn rund ein Drittel oder mehr der Tätigkeiten auf KI-basierte Systeme umgestellt wird. Besonders angesichts leerer Arbeitsmärkte klingt das wie eine notwendige, aber nicht ganz freiwillige Entwicklung. "Während alle über KI reden, sind es vor allem offene Schnittstellen, gute Umsetzung und Integration, die den Unterschied machen", sagt Grigori Bokeria von Simon-Kucher. Wissensarbeiter und klassische Sachbearbeitung könnten durch die nächste Welle der Automatisierung stärker ins Wanken geraten – Pilotprojekte reichen da einfach nicht mehr, um mitzuhalten.
Vor dem Hintergrund eines – freundlich gesagt – durchwachsenen Jahres 2024 dominiert in deutschen Betrieben weiterhin das Thema Sparen: Kosteneinsparungen sind aktuell für knapp die Hälfte der Befragten (44 Prozent) das Mittel der Wahl, deutlich vor Wachstum durch mehr Absatz oder Preissteigerungen. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich diese Priorität spürbar verschoben. "Effizienz, nicht Expansion um jeden Preis. Das zeichnet die aktuelle Strategie aus", erklärt Dr. Franz Ramsauer von Simon-Kucher nüchtern.
Wer 5G, Big Data und KI clever integriert, bleibt am Ball: Innovative Firmen setzen solche Technologien fast doppelt so häufig ein wie weniger erfolgreiche Wettbewerber. Eine klare Erkenntnis: Abwarten ist brandgefährlich. Bokeria bringt es auf den Punkt: "2025 wird zum Schicksalsjahr. Wer die Technologiespur verpasst, wird 2026 mit großer Wahrscheinlichkeit abgehängt."
Makroökonomische Unsicherheiten wie Konjunkturflaute, Fachkräfteengpässe und explodierende Energiekosten hängen wie bleierne Wolken über den Plänen vieler Unternehmen. Der erdrutschartige Anstieg dieser Risiken im Vergleich zu 2023 macht Strategieanpassungen und Portfolioüberarbeitungen unausweichlich.
Doch nicht nur Risiken drohen: Gerade Anbieter aus Asien setzen mit niedrigen Preisen, Innovationsdrang und Schnelligkeit neue Standards – das erhöht den Druck enorm. Trägheit oder internes Zaudern ist schlicht keine Option mehr, das hat man in Europas Chefetagen allmählich verstanden. Trotz aller Widrigkeiten: Hoffnung dominiert. 40 Prozent erwarten sogar, dass sie 2026 besser dastehen als noch 2023. Wer hätte das gedacht?
Die Studie basiert übrigens auf einer breiten Datenbasis: 1.236 Entscheider aus 13 Ländern (davon 254 aus Deutschland) wurden im Herbst 2025 befragt. Simon-Kucher, seit über 40 Jahren auf alles rund um Pricing und Wachstum spezialisiert, verantwortete die Befragung zusammen mit YouGov.
Die große Wende durch KI wird für viele Unternehmen erst dann spürbar, wenn Automatisierung auf rund ein Drittel der Abläufe ausgeweitet wird. Bislang bleibt KI als echter Werttreiber eher zurückhaltend – doch Kostendruck, technischer Vorsprung und der Konkurrenzkampf mit Asien zwingen deutsche Firmen, ihre Prozesse und Strategien zu überdenken. Während Optimismus für 2026 wächst, bestimmen makroökonomische Unsicherheiten und Fachkräftemangel das gegenwärtige Handeln.
Ergänzung aus aktuellen Recherchen: Bei der 'KI und Arbeitsmarkt'-Debatte gilt weiterhin: Branchen wie Verwaltung, Finanzdienstleistungen und sogar kreative Berufe stehen vor besonders tiefgreifenden Veränderungen (vgl. Tagesschau & FAZ, Juni 2024). Neue Studien warnen jedoch auch vor Scheinlösungen: Nicht jede Automatisierung bringt wirklich Fortschritte – Investitionen ohne klare Ziele können auch ins Leere laufen. Gleichzeitig kündigen große Technologieunternehmen gezielt an, über neue KI-basierte Tools die Produktivität im Mittelstand zu stärken – auch, um Engpässen bei Fachkräften zu begegnen. Insgesamt ist die Stimmung ein Mix aus Aufbruch, Skepsis und Pragmatismus: Wer KI-Integration nur zögerlich angeht, wird von schnelleren Wettbewerbern, etwa aus China, überholt werden.