Bereits am frühen Donnerstagmorgen brodelt es im Europaviertel von Brüssel: Traktoren hupen, Plakate flattern, etwa 10.000 Landwirtinnen und Landwirte aus sämtlichen 27 Mitgliedstaaten geben ihrer Verärgerung über die Politik Ausdruck. Was sie antreibt? Laut Agrarlobby Copa-Cogeca sind es vor allem die geplanten Kürzungen im Agrarhaushalt, das Empfinden einer unfairen Handelspolitik – etwa im Zusammenhang mit dem Mercosur-Abkommen – sowie eine wuchernde Bürokratie, die vielen EU-Bauern über den Kopf wächst. Diese Demonstration zählt zu den größten dieser Art, zumindest soweit das laufende Jahrhundert reicht.
Dass ausgerechnet Agrarthemen beim Gipfeltreffen nicht im Mittelpunkt stehen, empfinden viele Bauern als Ignoranz ihrer Sorgen. Denn im Fokus der Staats- und Regierungschefs stehen stattdessen Fragen rund um eingefrorene russische Vermögenswerte sowie eine mögliche Erweiterungsrunde der EU. Nebenbei – fast am Rande – wird das Landwirtschafts-Thema dann doch einmal gestreift, etwa wenn es um das Mercosur-Abkommen geht oder die langfristigen Finanzpläne der EU. Aber reicht das den Demonstrierenden? Wohl kaum.
Die massiven Bauernproteste in Brüssel vor dem EU-Gipfel machen auf die wachsende Unzufriedenheit in Europas Landwirtschaft aufmerksam – viele fühlen sich von EU-Entscheidungen abgehängt und sehen ihre Existenz durch Bürokratie, Budgetkürzungen und internationale Handelsabkommen bedroht. Interessant ist, dass vergleichbare Proteste auch in Frankreich, Deutschland und Italien stattfinden, wo Landwirte ähnliche Sorgen äußern: Höhere Produktionskosten, sinkende Preise und die Sorge, von globalen Märkten unterboten zu werden. Jüngste Medienberichte betonen zudem, dass die Landwirtschaft ein zentrales Thema im bevorstehenden EU-Wahlkampf wird, da viele Parteien versuchen, die Landwirte als Wähler zurückzugewinnen und in einigen Mitgliedsstaaten bereits Gesetzesänderungen und finanzielle Entlastungen diskutiert werden.