Boris Palmer, der umtriebige Stadtchef aus Tübingen, war zu Gast bei einem Podcast der Funke-Mediengruppe und ließ aufhorchen. Seiner Ansicht nach gleicht Berlin einer Stadt, in der viele Zuständigkeiten verschwimmen oder ausgerechnet dort enden, wo es brenzlig wird. "Als Bürger muss man sich da irgendwie durchschlagen, weil – zumindest empfinde ich das so – einfach einiges schief läuft, was andernorts eigentlich als gesetzt gilt." Vielleicht, sinniert Palmer, müsse man über eine tiefgreifende Staatsreform nachdenken – mit Blick auf regionale Erfolgsmodelle wie Tübingen.
Seine Heimatstadt sei als vollkommen eigenständige Kommune klar im Vorteil: "Wir handeln als Gemeinde selbstständig – und genau diese Kompetenzen vermisst Palmer in Berlins Bezirken." Was ihn am meisten stört? Das undurchsichtige Geflecht an Verantwortlichkeiten zwischen Stadt- und Landesebene, was dem Funktionieren der Hauptstadt abträglich sei.
Deshalb schlägt er einen radikalen Schritt vor: "Warum nicht die Bezirke in echte Städte verwandeln oder aus Berlin ein Bundesland mit zwölf eigenständigen Städten machen?" Das wäre, so Palmer, der Modalität süddeutscher Kommunen deutlich näher und könnte mehr Ordnung ins Chaos bringen.
Dass von ihm bei diesem Thema immer wieder ironische Spitzen ausgehen, ist fast schon Tradition: 2018 bezeichnete Palmer Berlin einmal als "weniger funktionierenden Teil Deutschlands." Doch aktuell gibt selbst er zu: Bei Projekten wie Stuttgart 21 nimmt auch Süddeutschland den Hauptstadt-Chaos-Modus auf. "Jetzt sind wir in Sachen Pünktlichkeit und Organisation ungefähr auf Berliner Niveau angekommen – die überhebliche Attitüde aus dem Süden hat sich sozusagen erledigt."
Boris Palmer, seit Jahren durch markante Äußerungen bekannt, reißt mit seiner Forderung, Berlin zu "zerschlagen" bzw. grundlegend zu reformieren, erneut eine Debatte um die Effizienz der Hauptstadtverwaltung an. Besonders in der Berliner Verwaltung gebe es laut Palmer kaum Klarheit darüber, wer für was verantwortlich ist – ein Problem, das seiner Ansicht nach durch die Aufteilung Berlins in eigenständig agierende Städte gelöst werden könnte. Seine Kritik an Berlin fußt auf Erfahrungen aus Tübingen, wo Entscheidungsgewalt und Verantwortung unmittelbar zusammenlaufen, was Palmer als Vorbild für andere Kommunen sieht. In den letzten Tagen wurde in den Medien die Frage intensiv diskutiert, ob eine tiefgreifende Reform in Berlin, ob durch Zerschlagung, mehr Autonomie für Bezirke oder sogar eine Aufspaltung ins Auge gefasst werden sollte. Darüber hinaus verweist Palmer selbstkritisch darauf, dass auch süddeutsche Städte wie Stuttgart mittlerweile mit organisatorischen Herausforderungen kämpfen, sodass der Vergleich mit Berlin nicht mehr nur als abwertende Spitze taugt – die Problematik von Effizienz und Verantwortlichkeit zieht sich also quer durch die Republik. Recherchen der großen Medienhäuser zeigen, dass die Berliner Verwaltung immer wieder mit Bürokratie, Personalmangel und fehlender Digitalisierung zu kämpfen hat, was jüngst besonders im Zuge der Pannen bei Wahlorganisation und Bürgerdiensten ins Licht der Öffentlichkeit rückte.