Droht unser Gesundheitssystem demnächst die Leistungskürzung?

Thomas Lemke, Vorstand der Sana-Kliniken, schlägt Alarm: Ohne grundlegenden Umbau riskiert Deutschland eine schleichende Rationierung in der Medizin – und das könnte schneller gehen als viele glauben.

17.10.25 08:19 Uhr | 91 mal gelesen

Zunehmend zahlen Patienten bereitwillig privat, um einen früheren Arzttermin oder besseren Service zu erhalten, so Lemke im Gespräch mit dem Magazin Capital. Die Gefahr: Anbieter von Gesundheitsleistungen könnten diesem Trend folgen und bevorzugt die zahlungskräftigen Patienten bedienen – zulasten der Allgemeinheit. Dann würde ein Teil der Bevölkerung immer stärker ins Hintertreffen geraten, was die medizinische Versorgung angeht. Die angespannte finanzielle Lage vieler Kliniken verschärft diese Perspektive weiter. Lemke malt aus: Steuert die Politik jetzt nicht energisch gegen, kommen automatisch Wartelisten und eine Auswahl nach Priorisierung – ein Szenario, das bislang offiziell niemand aussprechen will, obwohl Patienten oft schon jetzt Geduld mitbringen müssen. Zwar laufen Reformgespräche, aber Lösungen lassen auf sich warten. Kurzfristige Sparmaßnahmen, wie sie die Bundesgesundheitsministerin kürzlich angestoßen hat, sind möglicherweise bloß ein Tropfen auf den heißen Stein: Die Ausgaben steigen seit Jahren massiv schneller als die Einnahmen. Ein allzu bekanntes Dilemma eigentlich, das sich hier täglich spürt – und trotzdem versackt es irgendwie immer wieder zwischen den politischen Stühlen. Lemke verweist auf Nachbarländer wie die Niederlande, wo längst nicht jeder Eingriff sofort möglich ist, während die Notfallversorgung gesichert bleibt. Das sei gesellschaftlich akzeptiert, aber ein ähnliches Modell für Deutschland? Schwer vorstellbar – und doch mahnt Lemke: Wer nicht ehrlich über die Beschränkungen diskutiert, landet letztlich von selbst genau dort. Nur eben inoffiziell, quasi durch die Hintertür.

Die Debatte um eine mögliche Rationierung medizinischer Leistungen gewinnt angesichts steigender Kosten und klammer Kassen an Fahrt. Thomas Lemke skizziert eindringlich, dass bei ausbleibenden Reformen die Zweiklassenmedizin in Deutschland schleichend Realität werden könnte. Ähnlich argumentieren viele Fachleute, dass die fortlaufenden Kostensteigerungen in Krankenhäusern und für Medikamente nur mit entschlossenen Strukturveränderungen in den Griff zu bekommen sind. In aktuellen Pressestimmen werden diese Warnungen unterstrichen: So berichtet die Süddeutsche, dass immer mehr Krankenhäuser über dauerhafte Unterfinanzierung und daraus resultierende Leistungseinschränkungen klagen. Gleichzeitig diskutiert die Politik zwar zahlreiche Reformoptionen, bleibt aber oft in Detailfragen stecken, wie Die Zeit feststellt. Auf taz.de wird zudem die Verbindung zwischen medizinischer Versorgung, Beitragsentwicklung und Versorgungsqualität kritisch beleuchtet, wobei Experten explizit vor schleichenden Rationierungen warnen.

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