Wenn man sich die jüngsten Entwicklungen im europäischen Verteidigungssektor anschaut, scheint ein Trend ganz klar: Länder rücken beim Waffen-Einkauf enger zusammen. Laut einer Untersuchung von Strategy&, über die auch Medien wie der 'Spiegel' berichten, hat sich das Volumen international gemeinsam beschaffter Rüstungsgüter in den Jahren 2021 bis 2025 im Vergleich zu den fünf Jahren davor um satte 230 Prozent erhöht – eine stolze Steigerung auf rund 66 Milliarden Euro. Während nationale Alleingänge weiterhin rund zwei Drittel der Gesamtausgaben (etwa 127 Milliarden Euro) ausmachen, stagniert dieser Wert jedoch.
Die externen Berater weisen recht nüchtern darauf hin, dass es bei zentralen Waffenprojekten in Europa noch immer erhebliche Schwächen gibt. Albert Zimmermann, bei Strategy& für Rüstungsthemen zuständig, bringt es etwas mahnerisch auf den Punkt: Europa könne seine Verteidigungsfähigkeit nur stärken, wenn es die gesamte industrielle Bandbreite gemeinsam nutze, statt überall das Rad neu zu erfinden.
Doch: Multinationale Programme erweisen sich oft als kompliziert – politisch, organisatorisch, auch menschlich. Kein Mitgliedsstaat besitzt sowohl die komplette industrielle Kompetenz als auch ausreichend Budget, um komplexe Ausrüstung alleine zu stemmen. Hier kommen internationale Akteure wie die OCCAR (Organisation für gemeinsame Rüstungskooperation) oder die Europäische Verteidigungsagentur ins Spiel. Sie sind sozusagen die Projektmanager der europäischen Militärausrüstung und haben zuletzt unter anderem den Kauf von Kampfhubschraubern H145M koordiniert – nicht nur für die Bundeswehr.
Zimmermann verweist darauf, dass diese Institutionen durchaus fähig sind, große Entwicklungsvorhaben fristgerecht und in angemessener Qualität zu begleiten. Freilich gibt es da noch Luft nach oben: Während OCCAR gerade mal rund 400 Mitarbeitende zählt, beschäftigt das Bundeswehr-Beschaffungsamt über 11.000.
Für weniger komplexe und standardisierte Waffensysteme, so ein Vorschlag, könnten Prozesse vereinfacht und flexibler gemacht werden. Interessantes Detail am Rande: In der Ukraine existiert mit DOT-chain Defence inzwischen eine digitale Plattform, mit der Drohnen und andere serielle Waffen effizient online bestellt werden – in Deutschland sucht man so etwas bislang vergeblich. Dass dieser digitale Ansatz spätestens seit den aktuellen Konflikten an Relevanz gewonnen hat, kann man wohl kaum übersehen. Vielleicht sieht die Zukunft im Rüstungsbereich in Europa digitaler und vernetzter aus, als man es sich bisher vorstellen mochte.
Europa setzt zunehmend auf gemeinsame Projekte, um Rüstungsgüter effizienter zu beschaffen – doch die nationale Beschaffung dominiert noch immer. Die Studie von Strategy& sieht Nachholbedarf bei Standardisierung und Koordination, betont aber auch die positiven Beispiele multinationaler Organisationen wie OCCAR und die Europäische Verteidigungsagentur, die bereits internationale Beschaffungen verantworten. Während Länder wie die Ukraine mit digitalen Plattformen wie DOT-chain Defence innovative Schritte gehen, bleibt Deutschland bei solchen Lösungen zurück.
Zusätzliche Recherchen zeigen, dass die EU angesichts der aktuellen geopolitischen Lage und der wachsenden Bedrohung aus Russland ihre Rüstungspolitik verstärkt verzahnt und milliardenschwere Investitionen plant; dabei stehen Modernisierung, gemeinsame Forschung und Entwicklung sowie die Aufstockung von Munitionsvorräten im Vordergrund. Laut taz und FAZ gibt es allerdings weiterhin große Hürden bei der Harmonisierung unterschiedlicher nationaler Interessen und bei der Bewältigung von Bürokratie; zudem fordern Stimmen wie der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie mehr Tempo und Innovation (Quelle: taz.de, faz.net). Zentrale Herausforderungen bleiben die effiziente Nutzung der Ressourcen, die enge Einbindung der Industrie und eine schnellere Reaktion auf sicherheitspolitische Veränderungen.