Europäischer Gerichtshof rügt Polen für Justiz-Eingriffe

Der Europäische Gerichtshof hat Polen wegen gravierender Verstöße gegen die Grundwerte des Unionsrechts zur Verantwortung gezogen.

18.12.25 10:26 Uhr | 26 mal gelesen

Am Donnerstag polterte es heftig aus Luxemburg: Die Richterinnen und Richter des EuGH stellen ziemlich unmissverständlich klar, dass sich der polnische Verfassungsgerichtshof mehrfach über fundamentale Prinzipien der Europäischen Union hinweggesetzt hat. Es geht, krasser kann man es kaum ausdrücken, um nicht weniger als das zentrale Versprechen eines ordentlichen Rechtsschutzes und die Einhaltung der EU-Spielregeln – Dinge, die für alle Mitgliedsstaaten als selbstverständlich gelten sollten, möchte man meinen. Insbesondere sorgte das hohe Gericht dafür, dass die seltsamen Manöver bei der Ernennung von Richtern (da klappen einem fast die Ohren zu) und die politische Einflussnahme auf das polnische Verfassungsgericht endlich vor ein echtes Gericht gezerrt wurden. Mit den spektakulären Urteilen vom Juli und Oktober 2021 hatte das polnische Verfassungsgericht einige Teile der EU-Verträge kurzerhand für verfassungswidrig erklärt – was bewirkte, dass nationale polnische Gerichte hier das Nachsehen hatten und über Ernennungsverfahren für Richter quasi nicht mehr mitreden durften. Die Kommission in Brüssel warf daraufhin den Knüppel ins juristische Getriebe: Vertragsverletzungsklage! Jetzt gibt der EuGH der Kommission recht. Der Clou: Polen darf sich nicht auf die „Verfassungsidentität“ berufen, um sich aus den EU-Verpflichtungen rauszulavieren. Besonders ins Gewicht fielen die nach EU-Recht nicht akzeptablen Ernennungen dreier Richter und der Präsidentin des polnischen Gerichts – hier, so der Gerichtshof, fehlt es an fairer Unabhängigkeit. So gesehen: Klare Ansage nach Warschau!

Der Europäische Gerichtshof hat festgestellt, dass Polen bei der Justiz schwerwiegend gegen EU-Recht verstoßen hat. Die Grundsatzfrage: Wie weit darf ein einzelnes Mitgliedsland gehen, um nationale Souveränität über die grundlegenden Rechtsstandards der EU zu stellen? Über die Jahre spitzte sich der Konflikt zu – und Polen wird nun unmissverständlich klargemacht, dass Rechtsstaatlichkeit und die Unabhängigkeit der Justiz nicht zur Disposition stehen, auch wenn die polnische Regierung oft das Gegenteil behauptet. Während Staatsrechtler darüber diskutieren, welche Konsequenzen der Richterspruch in der Praxis haben wird, haben etwa Bundesjustizminister Marco Buschmann und diverse EU-Politiker die Entscheidung als wegweisend für die Verteidigung der europäischen Werte gefeiert. Laut aktuellen Medienberichten plant die polnische Regierung zwar juristische und politische Gegenmaßnahmen, steht jedoch unter erhöhtem Druck von Seiten der EU und innerhalb Polens, Reformen einzuleiten. Außerdem befürchten Kritiker, dass Polen in Zukunft, ähnlich wie Ungarn, EU-Gelder und politische Einflussmöglichkeiten verlieren könnte, sollte sich an der Situation nichts Wesentliches ändern.

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