Frust unter Gründer:innen: Deutschlands Start-up-Standort verliert an Glanz

Immer mehr Menschen mit Gründungsplänen empfinden das deutsche Umfeld als beschwerlich. Der aktuelle DIHK-Bericht legt schonungslos offen: Behördendschungel, Steuern und digitaler Rückstand bremsen die Motivation.

heute 01:20 Uhr | 29 mal gelesen

Die neueste Auswertung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zum Gründergeist in Deutschland liest sich ernüchternd: Deutlich weniger Menschen als früher beurteilen den Standort als attraktiv, die Kritik am hiesigen Bürokratieapparat nimmt stattdessen konstant zu. Laut DIHK-Report, der auf Hunderttausenden Gesprächen und 618 schriftlichen Rückmeldungen zwischen Januar und Februar fußt, sind inzwischen fast 60 Prozent der Gründer:innen unzufrieden – Tendenz steigend, mit einer Verdopplung der sehr Unzufriedenen binnen zwei Jahren. Gemeinsam ist diesen Stimmen vor allem der Frust über undurchsichtige Vorschriften, verworrene Zuständigkeiten und die scheinbar endlosen Papierberge. Ganz gleich ob Handwerksbetrieb, digitaler Service oder klassischer Online-Shop: Gründer in Deutschland werden bereits in der Anfangsphase von hohen Steuern, steigenden Energiepreisen und einer lahmenden digitalen Infrastruktur abgestoppt. Interessant: Während der Wunsch nach mehr Unabhängigkeit viele antreibt, rückt auch die fehlende Sicherheit klassischer Jobs immer stärker in den Vordergrund – so melden die Kammern mehr Anfragen von Führungskräften aus Krisenbranchen. Auch der Frauenanteil unter den Gründungsinteressierten ist inzwischen beinahe gleichauf mit dem der Männer. Doch über allem scheint die Erkenntnis zu schweben, dass eine ‚Modernisierungsagenda‘ zwar in Aussicht steht, es aber an Verbindlichkeit und praktischer Umsetzung mangelt. Wichtige Forderungen der Gründer: Weniger Komplexität, ein verständlicheres Steuerrecht, schnellere Abläufe und leichterer Zugang zu Kapital und Fördermitteln. Stimmen wie jene von Start-up-Vertreterin Verena Pausder pochen zudem auf mehr Geschwindigkeit bei der Unternehmensgründung – insbesondere für innovative Start-ups bleibt der ohnehin schwierige Zugang zu Investorenkapital ein kritischer Flaschenhals.

Der DIHK-Report signalisiert ein wachsendes Unbehagen unter Gründer:innen in Deutschland, ausgelöst durch Bürokratie, hohe Steuerlast, Kosten und digitale Defizite. Immer mehr potenzielle Gründer empfinden die Prozesse als hinderlich – nicht einmal die Erleichterungen nach Pandemie und ersten Modernisierungsversuchen ändern das grundlegend. Auch aktuelle Medienberichte zeigen: Trotz politischer Initiativen wie der angekündigten Gründung innerhalb von 24 Stunden bleibt der Weg steinig. Hinzu kommt: Laut einer aktuellen Analyse der OECD landet Deutschland beim Thema Gründungsfreundlichkeit mittlerweile im europäischen Mittelfeld. Fachleute und Betroffene beurteilen insbesondere das digitale Angebot der deutschen Verwaltung weiter deutlich schlechter als das anderer Industrieländer. Auch ein Bericht der Süddeutschen Zeitung weist auf die schleppende Umsetzung der Bundes-Digitalstrategie hin, wodurch digitale Gründungsprozesse weiter verzögert werden. Viele Start-ups, so etwa ein Beitrag auf Spiegel.de, fordern einen echten Mentalitätswandel: Scheitern müsse stärker entstigmatisiert werden, damit Innovationen überhaupt wachsen können. Aus aktuellen politischen Debatten und Statements etwa auf ZEIT ONLINE wird außerdem klar, dass weiterhin ein großer politischer Handlungsdruck besteht, um die Attraktivität des Gründerstandorts Deutschland zu retten und junge Innovatoren nicht ins Ausland abwandern zu lassen.

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