Investitionsschwund in Europa – Handelspolitische Unsicherheit bremst Wirtschaft

Wirtschaftsfachleute in Europa schlagen Alarm: Die andauernde Unsicherheit im globalen Handel wirkt sich deutlich auf Investitionsbereitschaft und Wachstumserwartungen aus.

20.11.25 10:21 Uhr | 25 mal gelesen

Wie die frischen Resultate der EES-Befragung vom Ifo-Institut gemeinsam mit Econpol Europe verdeutlichen, herrscht in Sachen Handelspolitik derzeit große Skepsis. Über einen Zeitraum von fünf Jahren erwarten die Studienteilnehmer im europäischen Wirtschaftsraum, dass die Investitionstätigkeit um etwa 4,7 Prozent nachlässt. Gleichzeitig sehen sie das Wirtschaftswachstum jährlich um rund 0,6 Prozentpunkte hinter bisherigen Prognosen zurückbleiben. Insbesondere Deutschland wird es nach Einschätzung der Experten härter treffen: Dort zeichnet sich mit einem Rückgang von durchschnittlich 6,1 Prozent ein besonders deutlicher Investitionsknick ab. Ähnlich düster ist der Ausblick für Polen, Irland und Finnland, wo die Zahlen noch leicht darunter liegen. Frankreich kommt vergleichsweise besser weg, mit prognostizierten Rückgängen von 4 Prozent – bleibt damit aber dennoch klar im Minus. Die größten Einbußen beim Wirtschaftswachstum erwarten Experten für Irland, Slowenien und Lettland – hier werden Verluste von bis zu 1,5 Prozentpunkten befürchtet. Dagegen zeigen sich für Frankreich, Kroatien und Estland die Auswirkungen laut Umfrage weniger drastisch. Auffällig: Mit dem jüngsten EU-USA-Zollabkommen vom Juli 2025 in Turnberry steigt offenbar nicht das Vertrauen, sondern die Sorge bleibt – sagt zumindest Ifo-Experte Christian Gréus. Sollte die EU auf den Gedanken kommen, noch weiter an der Zollschraube zu drehen und etwa Importzölle von 10 Prozent einführen, rechnen die Umfrage-Teilnehmer mit einer Teuerung: Die Inflation könnte demnach um immerhin 0,9 Prozentpunkte nach oben schnellen, während auch die Arbeitslosigkeit leicht klettern würde. Gleichzeitig käme es zu einem zusätzlichen Wachstumsdämpfer von 0,5 Prozentpunkten und spürbar weniger Investitionen. Für die EES-Umfrage wurden im zweiten und dritten Quartal 2025 insgesamt mehr als 600 Experten aus Wissenschaft, Zentralbanken sowie Privat- und Öffentlichem Sektor in der EU zur Lage befragt. Dabei standen die Konsequenzen von Zöllen für europäische Wirtschaftszweige im Mittelpunkt.

Die Zögerlichkeit vieler Unternehmen in puncto Investitionen in Europa lässt sich maßgeblich auf die anhaltende Unsicherheit über die zukünftige Handelspolitik zurückführen. Insbesondere neue Zölle oder protektionistische Tendenzen könnten Wirtschaft und Arbeitsmarkt stark belasten, wie die jüngste Umfrage unter Wirtschaftsexperten zeigt. Dabei schwingt trotz aktueller Vereinbarungen zwischen großen Handelspartnern wie der EU und den USA eine latente Nervosität mit – viele Analysten zweifeln, ob politische Deals wirklich das Vertrauen in den freien Warenverkehr zu stärken vermögen. Aktuelle Berichte und Analysen belegen, dass die globale Wirtschaft durch geopolitische Konflikte, die Debatte um Rückverlagerung von Produktionsketten („Reshoring“) sowie die steigende Fragmentierung des Welthandelsbrotes zusätzlichen Stressfaktoren ausgesetzt ist. Besonders in Deutschland, das stark auf Export angewiesen ist, schlagen diese Unsicherheiten auf Unternehmensentscheider durch. Während einige Experten auf eine mittelfristige Beruhigung hoffen, warnen andere, dass dauerhafte Handelsbarrieren und nationalistische Wirtschaftspolitik das Wachstumspotenzial der EU nachhaltig schmälern könnten.

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