Jugendschutz oder Überregulierung? Heißes Streitgespräch zu Social Media ab 16 bei Augsburger Medienabenden

München – Sollte Social Media für Minderjährige unter 16 komplett tabu sein? Diese Frage haben gestern Abend Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Jugendverbänden und Medienbildung bei den Augsburger Medienabenden engagiert diskutiert. Über 200 Teilnehmende verfolgten auf Einladung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) und der lokalen Medien das öffentliche Gespräch im Hotel Maximilian’s.

heute 13:17 Uhr | 18 mal gelesen

Dr. Thorsten Schmiege, Präsident der BLM, setzte den Ton: "Ein radikales Verbot klingt erst einmal nach Entschlossenheit, sorgt für Klarheit und wirft einen Spot auf mögliche Gefahren – aber Resilienz kann nicht hinter verschlossenen digitalen Türen wachsen." Aus seiner Sicht brauche es vor allem landesweit abgestimmte Regeln und stärkere Förderung von Medienkompetenzen – nicht das vorschnelle Ziehen der Notbremse. Verbote seien deshalb eher das letzte Mittel, wenn andere Wege ausgeschöpft sind. Dr. Fabian Mehring, als Digitalminister im Freistaat Bayern, unterstrich: "Digitalisierung ist zu unserem Alltag geworden. Jugendlichen den Umgang damit komplett zu entziehen, hieße vor dem Wandel zu kapitulieren statt sie fürs digitale Zeitalter zu stärken." Mehring sieht den Schlüssel vielmehr in Bildung: Medienwissen müsse wie Lesen und Schreiben zur Grundausstattung gehören. Die Runde war sich abschließend einig – zwischen Freiheit und Schutz, Teilhabe und Vorsorge klafft gerade für Jugendliche eine Lücke, die künftig weit mehr Aufmerksamkeit von Politik, Schulen und Eltern beanspruchen wird. Wer will, kann die gesamte Diskussion auf a.tv am 22. und 23. November nachverfolgen. Mehr zur Veranstaltung und Bilder gibt es auf der Seite der BLM.

Im Zentrum der Augsburger Medienabende stand die Frage: Wann schützen Verbote – und wann entmündigen sie? Die Diskussion zeigte, dass Verbote in puncto Social Media für Jugendliche immer noch umstritten sind. Zwar sprechen Risiken wie Cybermobbing, Datenmissbrauch oder Suchtgefahr für strengere Regeln. Gleichzeitig wächst die Überzeugung, dass Jugendliche auch in der digitalen Welt selbstständig und kritisch agieren lernen müssen und dass präventive, altersgerechte Medienbildung schon früh im Schulalltag Einzug finden sollte. Zuletzt mehren sich europaweit Initiativen für Mindestalter oder härtere Alterskontrollen, etwa in Frankreich, aber deren Durchsetzbarkeit und Sinn werden auch international heftig diskutiert. Die jüngsten Studien (Stand Juni 2024) zeigen: Mehr als 80% der Zwölf- bis 15-Jährigen in Deutschland sind bereits auf mindestens einer Social-Media-Plattform aktiv. Sowohl Medienpädagog*innen als auch Vertreter*innen von Jugendverbänden warnen vor einer bloßen Verschiebung des Problems ins Private oder auf inoffizielle Plattformen, sollten Verbote zu hart greifen. Gleichzeitig gibt es auch Stimmen, die auf neue Forschungsdaten zu negativen Effekten exzessiver Social-Media-Nutzung auf das psychische Wohlbefinden hinweisen. Die Debatte bleibt also komplex – und wird angesichts rasant wachsender KI-gesteuerter Apps vermutlich noch um einige Facetten reicher werden.

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