Kaddor schlägt Dobrindt Syrien-Besuch vor – Kritik an Abschiebungsplänen

Lamya Kaddor, grüne Fachfrau für Innenpolitik, kritisiert Innenminister Dobrindt (CSU) scharf: Wer noch nie in Syrien war, sollte sich nicht zu leichtfertigen Abschiebungen äußern.

heute 11:29 Uhr | 18 mal gelesen

Mit einer recht deutlichen Botschaft spielt Lamya Kaddor den Ball an Alexander Dobrindt zurück. Sie empfiehlt ihm, doch selbst einmal nach Syrien zu reisen. 'Dann wüsste er vielleicht besser, wovon hier überhaupt die Rede ist', meint sie im Gespräch mit dem 'Spiegel'. Kaddor, die bereits mit Außenminister Wadephul (CDU) vor Ort war, zeigt sich weiterhin vorsichtig, was pauschale Abschiebungen betrifft: Viele Regionen in Syrien – so sagt sie – sind schwer zerstört, das normale Leben scheint sowieso kaum möglich. Wer also ernsthaft meint, Massenabschiebungen seien aktuell realistisch, hat den Alltag und die Unsicherheit der Menschen offenbar aus den Augen verloren. Ausnahme: Bestimmte Ecken wie Teile von Damaskus oder Idlib könnten ihrer Ansicht nach unter Umständen in Frage kommen. Kaddor wirft Dobrindt damit vor, nur das Ziel zu verfolgen, Menschen so schnell wie möglich loszuwerden – statt wirklich differenziert zu handeln. Gleichzeitig bleibt sie hart, was Verurteilte und Gefährder angeht: 'Natürlich gibt es unter Syrern problematische Fälle. Wer straffällig ist, muss auch passend sanktioniert werden', betont sie weiter. Sollte Syrien in bestimmten Gefängnissen Mindeststandards erfüllen, wäre sie auch bereit, schwere Straftäter abzuschieben. Klingt etwas wie: Herz und Härte, aber mit Maß und Ziel.

Die Diskussion um Abschiebungen nach Syrien erhitzt aktuell die Gemüter im politischen Berlin. Während Dobrindt für einen härteren Kurs bei Abschiebungen plädiert – und dabei vor allem auf schnelle Lösungen drängt –, warnen Stimmen wie Lamya Kaddor davor, die Lage vor Ort zu ignorieren. Sie fordert eine realistische Einschätzung der Situation in Syrien und differenzierte Lösungen, besonders da viele Regionen weiterhin von Konflikt und Zerstörung betroffen sind. Die Debatte ist symptomatisch für den aktuellen politischen Zwiespalt in Deutschland angesichts anhaltender Flüchtlingsfragen und Sicherheitsbedenken. Neueste Berichte der UN und von Menschenrechtsorganisationen bestätigen, dass Rückführungen aktuell in den meisten Regionen mit erheblichen Risiken für die Betroffenen verbunden sind. Auch innenpolitisch bleibt das Thema brisant: Während die Regierung auf Druck von CDU und CSU an schärferen Maßnahmen arbeitet, verweisen Bündnisse und NGOs weiterhin auf den Menschenrechtsschutz und die Verpflichtung zu sorgfältigen Einzelfallprüfungen. Im europäischen Vergleich zieht Deutschland mit seiner teils strikteren Haltung in puncto Abschiebungen übrigens eine Menge Aufmerksamkeit auf sich.

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