Navid Kermani: Wo bleibt das Feuer in der Politik?

Navid Kermani vermisst echte Leidenschaft in der Politik und appelliert, Europa als begeisterndes Projekt neu zu denken.

heute 08:19 Uhr | 26 mal gelesen

Navid Kermani, vielfach ausgezeichneter Schriftsteller mit hang zur leidenschaftlichen Rede, hat zuletzt deutliche Worte zur Lage der hiesigen Politik gewählt: "Man kann Angst nicht mit noch mehr Angst bekämpfen, und man gewinnt niemanden für eine Sache, indem man nur die Gefahren der anderen Seite beschwört. Erst echtes Feuer und offene Begeisterung schaffen Überzeugung", sagte er gegenüber dem 'Redaktionsnetzwerk Deutschland'. Seine Enttäuschung ist greifbar – er kenne gegenwärtig kaum einen Politiker, der ihn tatsächlich mitreißen könne, der so für Überzeugungen eintrete, dass daraus Hoffnung und Mut entstünden. Noch eindrücklicher wurde Kermani, als es um Europa ging: Gerade in einer Zeit, in der die USA sich von Partner zum Widersacher wandelten und Europa zunehmend zwischen den Fronten China und Amerika stünde, sei das europäische Projekt relevanter denn je. "Jetzt ist der Moment, wo das, was Europa ausmacht, neu begriffen werden muss. Ich liebe diesen Kontinent, seine Literatur, seine Musik, seine Baukunst und auch das verschlungene, manchmal eigentümlich entschleunigte europäische Lebensgefühl." Poetisch, vielleicht etwas nostalgisch – aber ganz sicher nicht ohne Substanz.

Kermani kritisiert die gegenwärtige Politik als zu wenig leidenschaftlich und fordert mehr begeistertes Engagement für politische Inhalte – insbesondere für die europäische Idee, die angesichts globaler Spannungen neue Dringlichkeit habe. Seine Ausführungen treffen einen Nerv in einer Zeit, in der viele Bürger die Politik als mutlos erleben. Ergänzend dazu: In aktuellen Diskussionen um Europas Rolle in der Welt betonen immer mehr Stimmen, wie dringend neue, positive Narrative gebraucht werden. Laut aktuellen Medienberichten herrscht Unsicherheit, wohin sich Europa künftig zwischen den Machtblöcken USA und China positionieren wird. Politische Begeisterung, wie sie Kermani fordert, wird vielfach als Schlüssel für ein gemeinsames, stärkeres europäisches Selbstverständnis gesehen.

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