Navid Kermani zweifelt an Führungsrolle der USA in der Weltordnung

Der Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani betrachtet die Vereinigten Staaten nicht mehr als zuverlässigen Schutzpatron Europas.

25.08.25 19:00 Uhr | 3 mal gelesen

Laut Aussagen von Navid Kermani sind die USA für Europa nicht länger ein Verbündeter, sondern eher ein wirtschaftlicher Konkurrent oder höchstens Geschäftspartner, wie er gegenüber der "Rheinischen Post" erklärte. Er kritisierte, dass europäische Führungskräfte immer noch an transatlantische Werte glauben, obwohl deutlich wird, dass Amerika heute auf Europa eher wie auf einen Handelsplatz oder Vasallen schaue. Kermani betont, wie stark Europas Sicherheitslage ohne die USA gefährdet sei, und verweist darauf, dass dieser Bruch spätestens mit dem chaotischen Abzug aus Kabul sichtbar geworden sei – ein Wendepunkt, der tiefe Zweifel an der Verlässlichkeit der Vereinigten Staaten ausgelöst habe. Obwohl die USA eine Demokratie blieben, sieht Kermani keinen Willen mehr, als globale Ordnungskraft zu agieren, unabhängig davon, wer Präsident ist. Umso dringlicher sei es nun für Europa, wieder an die Einigkeit und Dynamik unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg anzuknüpfen.

Kermani macht deutlich, dass die USA aus seiner Sicht keine Schutzmacht mehr für Europa darstellen und vielmehr eigene Interessen verfolgen, was sich besonders nach dem Truppenabzug aus Afghanistan geäußert habe. Er sieht Europa in der Pflicht, sich neu zu formieren und unabhängiger zu werden, da transatlantische Solidarität zunehmend zerbrechlich erscheint. Aktuelle Analysen in internationalen Medien und politische Reaktionen in Europa verdeutlichen, dass nach dem Rückzug aus Afghanistan, sowie angesichts globaler Machtverschiebungen und wachsender Rivalität zwischen China, Russland und den USA, viele Beobachter einen grundlegenden Wandel in den internationalen Beziehungen erwarten. Die NATO ringt aktuell um Strategien, wie Europas Sicherheit künftig gewährleistet werden kann, zumal der US-Präsidentschaftswahlkampf zusätzliche Unsicherheiten schürt und Experten wie Kermani die Dringlichkeit betonen, Europas Eigenständigkeit strategisch und militärisch zu stärken.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

1. In einem ausführlichen Leitartikel thematisiert die Süddeutsche Zeitung die wachsende Unsicherheit Europas angesichts der bevorstehenden US-Wahlen und der Rolle Amerikas im Ukraine-Krieg. Während in Brüssel die Angst vor einem US-Präsidenten wächst, der dem Kontinent weniger Priorität einräumt, rücken Fragen zur europäischen Verteidigungsfähigkeit und einer möglichen Neuausrichtung der NATO in den Fokus. Die Analyse unterstreicht, dass die Debatten um gemeinsame Rüstungsprojekte und strategische Autonomie angesichts der globalen Machtverschiebungen immer dringlicher werden. Quelle: Süddeutsche Zeitung

2. Der Spiegel berichtet in einem Hintergrundstück über die wachsende Kritik an der außenpolitischen Linie der USA unter Präsident Biden, insbesondere nach dem chaotischen Abzug aus Afghanistan. Europäische Diplomaten äußern laut dem Bericht große Sorgen, dass die USA auch in Zukunft unberechenbarer und kurzfristig orientierter handeln könnten, was die transatlantische Partnerschaft dauerhaft belasten würde. Besonders in den baltischen Staaten nehme der Ruf nach einer besser abgestimmten europäischen Verteidigungspolitik zu. Quelle: Der Spiegel

3. Auf Zeit Online analysiert ein Gastkommentar die aktuellen Herausforderungen für Europa in einer Welt ohne den traditionellen amerikanischen Sicherheitsgaranten. Er hebt hervor, dass im Zuge der Debatten um die europäischen Verteidigungsausgaben und angesichts populistischer Bewegungen in den USA die Zeit reif sei für einen echten Sprung nach vorn bei der europäischen Integration. Die Kolumne betont, dass nur ein handlungsfähiges und geschlossenes Europa globalen Einfluss behalten könne. Quelle: Zeit Online

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