Es ist ja so: Kaum ein Politiker kommt heute noch ohne ständiges Piepsen, Tippen und Scrollen durchs Leben – außer vielleicht an Weihnachten. Lars Klingbeil, der SPD-Vorsitzende, sagt ganz offen, dass er in diesen Tagen die digitale Dauerbeschallung herunterfährt. Runterkommen, Abstand gewinnen, wirklich abschalten – das scheint für ihn wichtiger als jede Push-Benachrichtigung. Und damit steht er nicht allein da. Seine Kollegin, Arbeitsministerin Bärbel Bas, blockt zur Festzeit konsequent jeden dienstlichen Termin. Was ihr wichtig ist? Familie, Freund*innen und – recht charmant – der alljährliche Filmabend mit 'Der kleine Lord'.
Auch Tim Klüssendorf, das junge Gesicht in der SPD, ist geplagt vom täglichen Nachrichtensog. Für ihn gilt im Dezember: Keine Podcasts über Krisen und keine Dauerbeschallung durch Polittalks. Dafür aber Fondue-Raclette, Würfelwürfe und dieses eigenartige Ritual, bei dem Geschenke nur gegen das Würfeln einer Sechs ihren Besitzer wechseln.
Nicht nur rote, auch grüne Linien werden gezogen – Felix Banaszak von den Grünen etwa schwört zur Weihnachtszeit Fastfood ab und verwandelt stattdessen die Küche angeblich in ein Schlachtfeld der Kulinarik. Den Weihnachtsspaziergang – Fensterbummel im Viertel inklusive – gibt es bei ihm ebenso wie festliches Familienkochen. Katharina Dröge wiederum, Chefin der grünen Fraktion, gibt sich Mühe, das Jahr für ein paar Tage nicht um Gesetzesentwürfe und Löschpapier zu drehen. Nachbarschaftstreffen und Glühwein vor der Bescherung stehen weit vor Email-Antworten.
Bodo Ramelow von der Linken will an den Feiertagen schlicht nicht erreichbar sein – ein seltener Luxus im Politikbetrieb. Er gönnt sich stattdessen vor Weihnachten eine Auszeit mit seiner Frau, um wenigstens einmal tief durchatmen zu können. Jan van Aken, ebenfalls von der Linken, hat sich vorgenommen: Kein E-Mail-Verkehr, keine Vergleiche (weder beim Festessen noch sonst) und ein gemächlicher Start in den Festtag mit Ausschlafen und ganz viel Entschleunigung. Was bleibt? Der kleine Trost, dass selbst die Mächtigen nicht gegen den Zauber der Weihnacht immun sind.
Weihnachten steht bei Deutschlands Spitzenpolitiker*innen offenbar tatsächlich für eine Art kollektives Runterfahren – jedenfalls behaupten sie das. Besonders der bewusste Verzicht auf digitale Dauerpräsenz steht im Vordergrund, egal ob bei Lars Klingbeil von der SPD, Felix Banaszak von den Grünen oder Bodo Ramelow von der Linken. Viele pflegen dabei ganz eigene kleine Rituale: Fondue-Feste, Familientraditionen, winterliche Spaziergänge, Filmklassiker und Glühwein-Freundschaften. Die gemeinsamen Nenner lauten dabei: Durchatmen, Entschleunigung und Ablenkung von politischen Pflichten; das Handy bleibt, zumindest für ein paar Stunden, stumm in der Ecke liegen.
Laut aktuellen Berichten anderer Nachrichtenseiten (taz, Der Spiegel, Die Zeit) ist dieser Trend zum digitalen Detox und zur bewussten Entschleunigung zum Jahresende ein landesweiter Trend, der längst nicht nur für Politiker gilt. Viele Deutsche greifen zwischen Weihnachten und Neujahr tatsächlich seltener zum Smartphone und besinnen sich auf analoge Momente. Zudem zeigt etwa eine neue Umfrage, dass für die meisten das Zusammensein mit Familie und Freunden immer noch das Wichtigste ist – selbst im Zeitalter von ständiger Erreichbarkeit und Social Media. Interessanterweise berichten einige Medien, dass die Ruhe in der Politik zwischen den Jahren nicht immer gelingt. Mitunter sorgen internationale Ereignisse oder Krisen dafür, dass die eine oder andere Ausnahme gemacht werden muss – doch genau das macht die kurzen Offline-Fenster für viele umso wertvoller.