„Letztlich läuft alles auf Einheit hinaus – ob es nun gefällt oder nicht, das Ziel bleibt“, äußert Wu Xinbo, der als Leiter des Amerika-Instituts an der Shanghaier Fudan-Universität auftritt und bekannt dafür ist, die chinesische Regierung strategisch zu beraten, im Interview mit dem Handelsblatt. Sollte sich Taiwan entgegen Pekings Vorstellungen entwickeln, verfüge China seiner Ansicht nach über reichlich Möglichkeiten, Druck auszuüben – und das nicht ausschließlich mit militärischen Mitteln. Die eigentliche Macht Chinas dürfe man indes nicht überschätzen: Wäre sie so durchschlagend, hätte die derzeitige taiwanische Regierung (die DPP) nach Wus Einschätzung ohnehin keine Chance gehabt, an die Macht zu kommen.
Der Berater richtet sich auch explizit an Donald Trump und fordert ihn auf, eine Vermittlerrolle im Taiwan-Konflikt zu übernehmen: „Wenn Trump sich als Friedensmacher präsentieren will, böte das Taiwan-Thema eine Bühne. Sollte es zu einer Einigung der beiden Seiten kommen, würde das das Risiko eines Krieges mindern." Für Wu ist klar: "Militärische Lösungen sind nicht vorrangig, vielmehr sollte der Streit auf politischem Wege entschärft werden."
Interessant bleibt, wie ungerade das Kräfteverhältnis ist – so betrachtet Wu einerseits China als übermächtig, andererseits räumt er überraschend offen deren Grenzen ein. Es ist eine Mischung aus Selbstbewusstsein und überraschender Ehrlichkeit, wie sie nicht jede offizielle Stellungnahme prägt.
Der einflussreiche Regierungsexperte Wu Xinbo betont die feste Entschlossenheit Chinas, eine Wiedervereinigung mit Taiwan herbeizuführen, schließt dabei den Zwang militärischer Mittel jedoch ausdrücklich nicht aus, sondern verweist auf ein breites Spektrum an Druckmitteln. Dabei erkennt Wu aber auch überraschend selbstkritisch die faktischen Grenzen von Pekings Einfluss: Politische Machtmittel haben bislang nicht verhindert, dass eine unabhängige Partei wie die DPP in Taiwan die Regierung stellt – ein Eingeständnis, das selten so deutlich geäußert wird. Zudem fordert Wu die USA, insbesondere Donald Trump, zu einer aktiven Vermittlerrolle auf, um eine politische und friedliche Lösung voranzutreiben.
Ergänzung aus weiteren Quellen: Inzwischen haben neue Treffen zwischen US-amerikanischen und chinesischen Vertretern auf höchster Ebene stattgefunden, bei denen Taiwan im Mittelpunkt stand. China hält parallel weiterhin Militärübungen in der Meerenge ab, was von der taiwanischen Regierung als direkte Bedrohung bezeichnet wird. Die EU bekundet derweil ihre Sorge um die Stabilität in der Region und ruft beide Seiten erneut zu Dialog und Zurückhaltung auf.