Reiche plädiert für temporären Einsatz von Erdgas bei Wasserstoff-Transformation

Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) schlägt vor, kurzfristig Erdgas für die Herstellung von Wasserstoff zuzulassen, um Industrieprozesse schneller von fossilen Energieträgern auf nachhaltigere Alternativen zu umstellen.

02.09.25 18:43 Uhr | 4 mal gelesen

Katherina Reiche betonte auf der Industriepolitischen Jahreskonferenz der Stiftung Arbeit und Umwelt der IGBCE, dass Deutschland mit der EU-Kommission Verhandlungsspielraum beim Einsatz von vorerst 'blauem' oder alternativ erzeugtem Wasserstoff brauche. Ziel sei es, zunächst die Wasserstoffinfrastruktur – insbesondere Pipelines – in Betrieb zu nehmen, um sie schrittweise mit nachhaltigem Wasserstoff zu betreiben. Reiche wies darauf hin, dass aktuell ausreichend Abnehmer für Wasserstoff fehlen und Produzenten auf verlässliche Abnahmezahlen angewiesen sind. Sie betonte: Nur, wenn nachhaltiger Wasserstoff wirtschaftlichen Mehrwert für Unternehmen bietet, sei mit breiter Nachfrage zu rechnen. Sei die Messlatte für 'grünen' Wasserstoff jedoch zu hoch, könnten Abnehmer abgeschreckt werden.

Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse mit erneuerbaren Energien erzeugt, während bei blauem oder grauem Wasserstoff fossiles Erdgas verwendet wird – der Unterschied liegt in der Behandlung des entstehenden CO2. CCS-Technologien (Carbon Capture and Storage) sollen Emissionen beim blauen Wasserstoff eindämmen, sind jedoch noch teuer, schwer skalierbar und bieten keine vollständige Klimaneutralität. Laut aktuellem Forschungsstand und internationalen Berichten wie dem des Weltklimarats (IPCC) ist die Speicherung von CO2 besonders in Sektoren wie Stahl oder Chemie von Bedeutung, darf aber die Bemühungen zur sofortigen Emissionsvermeidung nicht schwächen. Die Wasserstoffstrategie Deutschlands sieht mittelfristig vor, den Anteil grünen Wasserstoffs durch den Ausbau von Erneuerbaren zu erhöhen; für die Übergangszeit wird allerdings der Einsatz von blauem Wasserstoff diskutiert, um die Infrastruktur und Industrien schneller aufzubauen (weitere Infos: https://www.dw.com/de/wie-wasserstoff-die-industrie-revolutioniert/a-68851017 und https://www.zeit.de/wirtschaft/2024-06/wasserstoff-deutschland-energieversorgung-forschung). Auch international setzen Länder wie Kanada, Japan oder die USA auf einen Mix verschiedener Wasserstoffarten, stoßen dabei aber auf ähnliche Herausforderungen in Bezug auf CO2-Bilanz, Kosten und Skalierbarkeit. Die CCS-Technologie bleibt politisch und ökonomisch umstritten – neue Pilotprojekte in Europa zeigen Fortschritte, bislang jedoch keine Durchbrüche im industriellen Maßstab.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

1. In einem ausführlichen Beitrag beleuchtet Zeit Online die Diskussion über Deutschlands Strategie beim Import und der Erzeugung von Wasserstoff. Die Regierung setzt auf eine Mischung aus heimischer Produktion und internationalen Partnerschaften, wobei auch regenerativ erzeugter Wasserstoff (grün) forciert wird. Kritische Stimmen bemängeln die Abhängigkeit von fossilen Grundlagen in der Übergangsphase und fordern klarere Ziele zum vollständigen Ausstieg aus dem Einsatz von Erdgas. Quelle: Zeit Online.

2. Spiegel Online beschreibt den aktuellen Stand der Wasserstoffforschung und die Herausforderungen der industriellen Transformation. Es geht um die Frage, wie zuverlässig und schnell Unternehmen Zugang zu grünem Wasserstoff erhalten können, welche Förderungen bereitstehen und welche Rolle grüner, blauer und türkiser Wasserstoff kurz- und mittelfristig spielen. Die Autoren stellen fest, dass die Infrastruktur für Wasserstoff noch im Aufbau ist und große Unsicherheiten beim Markthochlauf bestehen. Quelle: Spiegel Online.

3. Die Süddeutsche Zeitung analysiert die europäischen Pläne für CCS-Projekte bei der Wasserstoffwirtschaft und berichtet über Widerstände aus der Bevölkerung, massive Kosten sowie Unsicherheiten bezüglich der dauerhaften Speicherung der Abgase. Dabei wird deutlich, dass CCS eine Brückentechnologie bleibt, deren Risiken langfristig schwer kalkulierbar sind. Die Zeitung resümiert, dass echter Klimaschutz nur durch den schnellen Hochlauf von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien garantiert werden kann. Quelle: Süddeutsche Zeitung.

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