Schärfere Kritik an Unionsvorschlag: Linke lehnt neue Selbstbeteiligung beim Arzt ab

Jan van Aken, Vorsitzender der Linken, weist die Überlegungen zum Eigenanteil bei Arztbesuchen, wie sie CDU-Politiker Hendrik Streeck vorschlägt, deutlich zurück.

16.09.25 18:19 Uhr | 17 mal gelesen

"Streeck schiebt arbeitenden Menschen Faulheit unter, nur weil sie ihr Recht auf ärztliche Behandlung wahrnehmen", kritisiert van Aken. Die Inanspruchnahme medizinischer Versorgung sei legitim und dürfe nicht bestraft werden. Streeck hatte zuvor in der "Rheinischen Post" erläutert, dass Deutsche im Schnitt zehnmal pro Jahr zum Arzt gehen – deutlich häufiger als Franzosen oder Dänen. Er schlug deshalb eine "moderat und sozial gerecht gestaltete Eigenbeteiligung" für Arztbesuche vor, um unnötige Arzttermine zu vermeiden. Die Maßnahme solle nicht zur Belastung werden, sondern gezielt und fair den Zugang zu medizinischen Leistungen steuern. Zugleich wendete sich Streeck gegen die sogenannte "Vollkasko-Mentalität" im Gesundheitswesen. Van Aken hielt dagegen, dass es gerade Streeck sei, der unsolidarisch handele, da er als Beamter keine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung entrichte. "Wer Gerechtigkeit fordert, sollte sie zunächst selbst leben." Die Union wolle laut van Aken eine Drei-Klassen-Gesundheitsversorgung etablieren, bei der Gutverdienende bevorzugt werden. Statt einer Selbstbeteiligung spricht sich van Aken dafür aus, die Beitragsbemessungsgrenze abzuschaffen, damit Wohlhabende auf ihr gesamtes Einkommen Sozialabgaben leisten müssen.

Der Vorstoß des CDU-Politikers Hendrik Streeck, durch eine Selbstbeteiligung die Zahl der Arztbesuche zu senken, stößt bei der Linken auf scharfe Ablehnung. Jan van Aken warnt davor, dass eine solche Regelung sozial Schwächere von der Gesundheitsversorgung ausschließen könnte, und fordert stattdessen eine solidarischere Beitragsstruktur. Die Diskussion über höhere Eigenanteile in der Gesundheitsversorgung wird aktuell durch die angespannte Finanzierungslage der Krankenkassen sowie steigende Kosten im Gesundheitssektor verstärkt. Viele Patientenschutzverbände und Sozialorganisationen äußern Bedenken, dass Selbstbeteiligungen dazu führen könnten, dass Menschen notwendige Arztbesuche aus Kostengründen vermeiden. Gesundheitsökonomen weisen darauf hin, dass die Ursachen für die hohe Zahl an Arztkontakten in Deutschland vielfältig sind – dazu zählen etwa die vergleichsweise geringe Zahl an Sprechstunden pro Patient, die Struktur der Honorarabrechnung und eine geringe Steuerung im System. Während andere europäische Länder teils moderate Eigenbeteiligungen kennen, setzen sie häufig auf gut abgestimmte Ausnahmeregelungen für chronisch Kranke, Kinder oder Geringverdienende. Die Debatte wird in den Medien und der Politik aktuell sehr kontrovers geführt.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

1. Ein ausführlicher Beitrag der Süddeutschen Zeitung analysiert, dass die Einführung einer Praxisgebühr besonders Menschen mit geringem Einkommen treffen würde und verweist auf die negativen Erfahrungen mit der früheren Praxisgebühr in Deutschland. Der Artikel legt dar, dass viele Patientenschützer warnen, notwendige Arztbesuche könnten aus Angst vor Mehrkosten unterbleiben. Er beleuchtet zudem, wie andere europäische Länder den Spagat zwischen Kostenkontrolle und Zugang zur Gesundheitsversorgung lösen. Quelle: Süddeutsche Zeitung.

2. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet über die weiterhin kontroverse Diskussion zur künftigen Finanzierung des Gesundheitssystems: Neben der Debatte um eine neue Selbstbeteiligung gibt es Forderungen nach einer Bürgerversicherung und nach einer Erhöhung der Steuerzuschüsse. Der Artikel hebt hervor, dass die Politik vor allem eine Balance zwischen finanzieller Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit finden muss. Auch wird die Problematik der Beitragsbemessungsgrenze und der ungleichen Belastung der verschiedenen Einkommensgruppen diskutiert. Quelle: FAZ.

3. In einem Hintergrundbericht der Zeit werden Stimmen von Ärzten, Patienten und Gesundheitsexperten zusammengetragen, die sich mehrheitlich skeptisch gegenüber einer Praxisgebühr äußern. Es wird betont, dass eine Gebühr nur dann Sinn macht, wenn sie zugleich mit einer umfassenden Reform der Versorgungssteuerung einhergeht, und dass das eigentliche Problem die ineffiziente Organisation und der Abrechnungsmodus im Gesundheitswesen sei. Abschließend wird auf die vorgesehene Evaluierung aktueller Gesundheitsreformen und die Bedeutung von Präventionsmaßnahmen hingewiesen. Quelle: Die Zeit.

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